Diese Chance könne "für Jugendliche ohne Wohnung bedeuten, erst einmal eine feste eigene Wohnung zu haben und von dort einen Einstieg in eine Ausbildung zu finden", erklärte Sabina Schutter, die Vorstandsvorsitzende des SOS-Kinderdorfvereins in München.
37.000 obdach- oder wohnungslose junge Menschen
Nach Angaben der Hilfsorganisation gibt es in Deutschland etwa 37.000 obdach- oder wohnungslose junge Menschen unter 27, darunter rund 6.000 Minderjährige. Wohnungslose Jugendliche lebten meist nicht auf der Straße, aber verfügten auch über keinen festen Wohnsitz: "Sie wohnen häufig tageweise bei Freund*innen oder Bekannten oder schlagen sich mit Couchsurfing durch."
Nach Erhebungen des Deutschen Jugendinstituts seien die hauptsächlichen Auslöser für Wohnungslosigkeit familiäre Konflikte und der Wunsch, der belastenden häuslichen Situation zu entfliehen.
Die Corona-Pandemie habe diese stark belasteten Jugendlichen noch mehr an den gesellschaftlichen Rand gedrängt, ergänzte SOS-Kinderdorf. Insbesondere seien viele unterstützende Angebote entfallen, was zu einer Zunahme psychischer Belastungen geführt habe.
Aus der Wohnungslosigkeit heraus finden
Christel Kohls vom SOS-Kinderdorf Saarbrücken beklagte, wohnungslose junge Menschen spielten in der gesellschaftlichen und politischen Debatte "überhaupt keine Rolle. Dabei befürchten wir auf Grund der gesellschaftlichen Auswirkungen der Pandemie noch einen deutlichen Anstieg der Fallzahlen in den kommenden Jahren. Schon jetzt stellen wir fest, dass der Unterstützungsbedarf bei den von uns betreuten Jugendlichen seit Beginn der Pandemie deutlich gestiegen ist."
Um aus der Wohnungslosigkeit zu finden und somit die Chance auf einen Neuanfang zu erhalten, benötigten die Jugendlichen passgenaue, individualisierte und niedrigschwellige Hilfsangebote, so die Expertin. Ohne professionelle Unterstützung sei es für sie kaum möglich, eine Wohnung zu finden, einen Ausbildungsplatz zu erhalten oder staatliche Gelder zu beantragen.
Nötig sei dafür eine bessere Kooperation zwischen Jugendamt, Jobcenter und freien Trägern. Denn der Zugang zu grundsichernden Leistungen und längerfristig angelegten Hilfen sei für viele der jungen Menschen "schwer zugänglich, zu komplex und somit abschreckend", so Kohls.