Organisationen fordern großzügigere Aufnahme von Afghanen

Hilfe nicht nur für Ortskräfte

In einem Brief an Bundesinnenminister Horst Seehofer fordern die Kinderschutzorganisation "Terre des hommes" und die Stiftung "Medico International" eine großzügigere Aufnahme von Menschenrechtlern und schutzbedürftigen Afghanen.

Am Flughafen in Kabul / © Sra Taylor Crul/U.S. Air (dpa)
Am Flughafen in Kabul / © Sra Taylor Crul/U.S. Air ( dpa )

Beide Organisationen riefen die Bundesregierung dazu auf, den Stichtag für die Meldung von Betroffenen aufzuheben. "Der Stichtag des 26. August 2021 für die Meldung von Fällen ist weder sachlich begründbar noch einhaltbar", heißt es in dem Brief, dessen Kopie der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag) vorliegt.

Während der Evakuierungsflüge der Bundeswehr habe der Fokus auf der Meldung von Fällen aus dem Raum Kabul an das Auswärtige Amt gelegen. "Zugleich erreichten uns und viele weitere zivilgesellschaftliche Organisationen landesweit Fälle aus anderen Provinzen, die für die Evakuierungsflüge nicht infrage kamen", heißt es weiter in dem Brief.

Demnach wurden nach dem Stichtag 1.320 Fälle schutzbedürftiger Personen an die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe gemeldet. Unter diesen seien Journalisten, Menschenrechtsaktivisten, Distriktgouverneure und Juristen, die in den vergangenen Jahren Terroristen ins Gefängnis brachten. "Diese Menschen wechseln ständig ihre Verstecke und können sich und ihre Familien kaum versorgen. Ihnen muss schnellstmöglich eine Aufnahme ermöglicht werden", fordern die Unterzeichner des Briefes.

Forderung nach Visa ohne Kontingente

In den vergangenen Wochen hatten die Hilfsorganisationen Tausende Hilferufe von Menschen erreicht, die von den Taliban bedroht werden und dort noch immer um ihr Leben bangen. Zwar hätten lokale Mitarbeiter der Organisationen über das Ortskräfteverfahren bereits eine Zustimmung zur Aufnahme in Deutschland erhalten; sie warteten nun seitens des Auswärtigen Amtes auf ein Laissez-Passer zur Ausreise. Im Vergleich dazu sei der Umgang mit Ausreisegesuchen von Menschenrechtsaktivisten und anderen schutzbedürftigen Menschen aus Afghanistan ungleich restriktiver.

Terre des hommes und Medico International fordern Minister Seehofer auf, die Vergabe humanitärer Visa ohne Beschränkung auf vorab festgelegte Kontingente zu unterstützen. "Letztere stehen in Widerspruch zum offenkundigen Schutzbedarf, den Menschen äußern, die von den Taliban bedroht werden", so die Unterzeichner des Briefs. Zudem müsse das Innenministerium schnelle Ausreisen und beschleunigte Verfahren durch die Einrichtung von Bundesaufnahmeprogrammen und Zustimmung zu Landesaufnahmeprogrammen ermöglichen.


Quelle:
KNA