Worauf kommt es jungen Menschen bei der Bundestagswahl an?

Die Zukunft drängt

Sind junge Menschen interessierter an Politik als vor vier Jahren? Für die Diözesanvorsitzende der Katholischen Jugend Köln sind sie auch aufgrund der Zukunftsthemen aktiver. Das Wahlalter solle daher "mindestens auf 16 Jahre" gesenkt werden.

Demonstration von "Fridays for Future" in Berlin / © Jörg Carstensen (dpa)
Demonstration von "Fridays for Future" in Berlin / © Jörg Carstensen ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sind junge Leute heute politischer als beispielsweise vor vier Jahren bei der letzten Bundestagswahl?

Annika Jülich (BDKJ-Diözesanvorsitzende Erzbistum Köln): Ich würde nicht sagen, dass junge Menschen dieses Mal interessierter sind an Politik, sondern dass die Themen einfach noch drängender sind, die besonders junge Menschen betreffen. Das ganze Thema Klimaschutz ist bei dieser Wahl einfach drängender als noch vor vier Jahren. Es ist höchste Zeit, dass da was passiert. Das betrifft vor allen Dingen die Zukunft junger Menschen. Ich glaube, deshalb sind junge Menschen nochmal mobilisierter. Das haben wir beim großen Klimastreik weltweit gesehen.

DOMRADIO.DE: Sollte das Wahlalter Ihrer Meinung nach auf 16 Jahre gesenkt werden? Das ist ja gerade in der Diskussion.

Jülich: Ja, wir finden, es sollte mindestens auf 16 Jahre gesenkt werden. Das wäre ein guter erster Schritt, weil wir eben an den Menschen sehen, die auf die Straße gehen, dass politisches Interesse und politische Teilhabe nicht am Alter von 18 Jahren hängt.

DOMRADIO.DE: Es gibt trotzdem viele verschiedene Wahlformate auch für junge Leute, die bei der Bundestagswahl nicht wählen dürfen. Zum Beispiel die Juniorwahl in Schulen oder auch die U18-Bundestagswahl. Zu letzterem gibt es schon Ergebnisse: Landesweit würden die 18-Jährigen mehrheitlich die Grünen wählen, die Partei steht bei 21 Prozent. Aber auf der anderen Seite ist in Sachsen und Thüringen die AfD stärkste Kraft, auch bei den unter 18-Jährigen. Wie erklären Sie sich denn diese Ergebnisse?

Jülich: Zunächst einmal finden wir es total super, dass diese U18-Wahl stattfindet. Es ist zwar nur symbolisch, aber trotzdem total wertvoll, dass junge Menschen da ihre Meinung äußern können. Da ist es erstmal egal, in welche Richtung das geht. Bei älteren Menschen sagen wir ja auch nicht, wir lassen sie nicht wählen, wenn sie Extrema wählen. Insofern ist es erstmal gut, dass überhaupt so viele junge Menschen - nochmal deutlich mehr als vor vier Jahren - an der Wahl teilgenommen haben.

Es ist natürlich sehr, sehr traurig zu sehen, wie das Wahlergebnis in Thüringen und Sachsen aussieht. Da zeigt sich, dass es gerade in diesen Bundesländern vielleicht noch an politischer Bildung mangelt. Das zeigt sich aber nicht nur an den jungen Menschen, sondern auch an den Wahlergebnissen allgemein. Auch in NRW gibt es da noch einiges an politischer Bildung zu tun.

Ja, das Ergebnis ist traurig, aber es wäre jetzt für uns kein Grund zu sagen, junge Menschen sollten nicht wählen, weil sie mehrheitlich die AfD in Thüringen und Sachsen gewählt haben.

DOMRADIO.DE: Welche Bedeutung hat denn allgemein die Bundestagswahl für junge Leute - auch für die, die nicht wählen dürfen?

Jülich: Dieses Jahr ist das Thema Klimaschutz nochmal drängender denn je. Aber nicht nur Klimaschutz, auch der Hass im Netz, dem ganz viele junge Menschen begegnen, ist ein großes Thema. Hier muss gehandelt werden. Diese Entscheidung, die am Sonntag von leider circa 60 Prozent älteren Menschen getroffen wird, ist einfach unheimlich entscheidend für uns junge Menschen beziehungsweise für die jungen Menschen unter 18 Jahren.

DOMRADIO.DE: Und das heißt dann?

Jülich: Das heißt, dass auch diese jungen Menschen wählen gehen sollten. Das heißt vor allen Dingen, dass es eine wegweisende Entscheidung für junge Menschen ist und wir da sehr mitfiebern, dass zukunftsfähige Entscheidungen getroffen werden und es nicht bei einem "Weiter so" bleibt.

DOMRADIO.DE: Dafür haben Sie beim BDKJ in Köln auch eine Wahlhilfe für junge Menschen eingerichtet. Welche Informationen bekommt man denn da?

Jülich: Auf https://bdkj.koeln/bundestagswahl findet man ganz viele Videos von Politiker*innen hier im Erzbistum Köln, den Kandidat*innen der fünf demokratischen Parteien im Bundestag. Es gibt dort die Antworten auf Fragen von jungen Menschen, also Themen wie Inklusion, wie Partizipation, wie Nachhaltigkeit und so weiter und so fort. Es sind 15 Themen insgesamt.

Darauf antworten die Kandidat*innen und es ist unheimlich spannend zu sehen, wie sie zu den Themen junger Menschen stehen. Auf der anderen Seite wollten wir aber nicht nur Politiker*innen zu Wort kommen lassen, sondern genauso auch junge Menschen, die auch auf diese Fragen antworten, damit Politiker*innen sehen, wie junge Menschen in den Jugendverbänden zu politischen Fragen stehen.

Das Interview führte Florian Helbig.


Quelle:
DR