DOMRADIO.DE: Ihr Verein aus Stotzheim in Euskirchen kümmert sich seit einigen Jahren um traumatisierte, trauernde und auch seelisch belastete Menschen. Der Verein ist aber auch selbst von der Flut in diesem Sommer betroffen gewesen. Jetzt bieten sie akut ein Krisentelefon an, auch an Heiligabend. Für wen könnte das denn notwendig werden?
Kirsten Comes (Mitbegründerin des Vereins "Schrittchen für Schrittchen"): Dieses Telefon kann für alle Helfer notwendig werden, die an Ahr und Erft und in Remagen und wo auch immer geholfen haben, und jetzt deutschlandweit wieder verstreut bei sich zu Hause sind. Oftmals ganz allein. Und die können jederzeit mit allem, was sie bedrückt oder was sie fragen möchten oder auch wenn sie allein sind, einfach anrufen und mit uns telefonieren.
DOMRADIO.DE: Gilt das Angebot auch für Betroffene?
Comes: Das gilt auch für Betroffene. Die laufen allerdings auf einer anderen Hotline. Aber die können natürlich auch rund um die Uhr anrufen. Das Angebot gilt bereits seit gut acht Wochen und wird jetzt verstärkt angeboten. 24 Stunden, rund um die Uhr bis nach Heilige Drei Könige am 6. Januar. Und danach dann zu bestimmten Zeiten.
DOMRADIO.DE: Sie haben gemeinsam mit Ehrenamtlichen 2.500 Geschenke für von der Flut betroffene Menschen gepackt. Wie kam es zu der Idee?
Comes: Wir sind von der Gruppe Handwerkerhelfen.de angefragt worden, die gerne an der Ahr Geschenke verteilen möchten. Die Männer brauchten Hilfe beim Verpacken und wollten dann die Rolle des Nikolaus übernehmen. Also haben die uns angefragt und wir haben zugestimmt. Unsere Betroffenen und unsere Helfer helfen jetzt mit, packen alles ein und ihr verteilt, so dass jeder im Grunde genommen eine Freude damit hat.
DOMRADIO.DE: Was zum Fest der Geburt Jesu ja auch nicht fehlen darf, ist die Krippe unterm Tannenbaum. Viele Krippenfiguren oder Häuschen und Ställe sind vom Wasser oder Schlamm zerstört worden. Ihnen ist es wichtig, dass jede und jeder in diesem Jahr eine Krippe hat. Wie sorgen Sie da für Ersatz?
Comes: Wir arbeiten mit den Krippenbauern Deutschland zusammen und mit vielen anderen Krippenbauern, weil es uns vor allen Dingen wichtig ist, dass jeder seine richtige Krippe hat. Unsere Krippen sind gesegnet und uns ist wichtig, dass jeder auch da dieses Christsein wieder neu entdecken kann. Deshalb verteilen wir nicht einfach blind, sondern wir versuchen eine Krippe, die zu diesen Menschen passt, auch wieder an den Menschen zu vermitteln. Damit haben wir nicht aufgehört und damit werden wir auch im kommenden Jahr - weil es sehr gut angekommen ist - weitermachen.
Wir ergänzen Krippen. Wir versuchen Krippen zu reparieren. Wir versuchen Weihnachtskugeln wiederzufinden. Wir suchen auch jetzt wieder Vögelchen, die am Baum gewesen sind und verschüttgegangen sind. Und wir versuchen, genau da den Punkt zu finden, Ankerpunkte und Hoffnungen für dieses und nächstes Jahr in Bewegung zu setzen.
DOMRADIO.DE: Die dunkle Jahreszeit braucht dringend eines, nämlich Licht, leuchtende Momente und flackernde Hoffnung. Eine weitere Idee sind deshalb Ihre "Flutlichter". Was hat es damit auf sich?
Comes: Die Lichter sind mein persönliches Herzensprojekt. Diese "Flutlichter" sind Weinflaschen von Weinbauern an der Ahr, die unterspült waren. Ein betroffener Drucker aus Sinzig druckt die dazugehörigen Etiketten und Betroffene versehen diese Flaschen dann mit Lichtern - grüne Lichter im Sinne der Hoffnung.
Es gab im Oktober Aktionen, bei denen Häuser angestrahlt wurden - eben jetzt leuchten können. Nicht alle können Tannenbäume aufstellen, nicht alle haben Strom. Aber diese Lichter können Hoffnung bringen, können anstatt eines Baumes aufgestellt werden, können verschenkt werden und können vor allen Dingen in die Welt hinausgetragen werden.
Die "Flutlichter" bekommt man zum Beispiel in Köln-Holweide bei Frau Reible, die dort Pastoralreferentin ist. In Bad Münstereifel haben wir mittlerweile ein Café, das uns unterstützt. Unterstützer sind gerne gesehen, sodass wir an möglichst vielen Orten unsere "Flutlichter" hinstellen. Bestellt werden kann aber auch telefonisch oder per E-Mail. Da sind wir völlig unkompliziert und freuen uns über jedes Licht, was in die Welt geht und legen dann ein Licht obendrauf für Flutbetroffene und bringen die zu den Flutbetroffenen selbst.
DOMRADIO.DE: Für das Fest der Liebe braucht man auch liebe Menschen um sich herum. Sie hatten die Idee der Weihnachtsfeier für Alleinstehende. Wie funktioniert das unter Corona-Bedingungen? Wie wird da gefeiert?
Comes: Da müssen wir leider sehr flexibel sein. Wir können hier in den Räumlichkeiten nur unter Berücksichtigung der 2G-Regeln feiern. Das heißt aber nicht, dass wir Corona-Betroffene oder andere Menschen vergessen. Wir versuchen Patenschaften zu erstellen. Wir versuchen Menschen über die Tage bei anderen Menschen unterzubringen, wenn sie das möchten. Oder wir bringen diesen Menschen das Essen und schenken ihnen die Zeit unter den gegebenen Corona-Bedingungen.
Das Interview führte Michelle Olion.