Das Rechtsgutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl habe einen desolaten Zustand der Verwaltung in dem süddeutschen Bistum deutlich gemacht, erklärte der Sprecher des Kölner Beirats, Peter Bringmann-Henselder, in einer Stellungnahme.
Weltweites zentrales Register
Die digitale Aktenführung, die zunächst für jedes einzelne Bistum eingeführt werden müsse, sollte letztlich über den Bereich der Deutschen Bischofskonferenz hinaus in ein weltumspannendes Netzwerk eingebunden sein, forderte der Beiratssprecher. "Erst wenn in einem solchen Zentralregister sämtliche Personalakten der in diesem System Tätigen vollständig eingesehen werden können, kann keiner mehr durchschlüpfen, wie das in der Vergangenheit der Fall war, wenn ein im Ausland beschuldigter oder sogar verurteilter Priester nach Deutschland kam und dort in der Seelsorge eingesetzt wurde."
Forderung der Akteneinsicht
Der Kölner Betroffenenbeirat fordert zudem die Einrichtung einer Ombudsstelle und von allen Bistümern die Gewährung von Akteneinsicht für Missbrauchsbetroffene. Auch müsse die Rolle der Betroffenenbeiräte gestärkt werden. Unter anderem sollten diese eine beratende Tätigkeit bei der Erstellung von Missbrauchsgutachten ausüben können.
Münchner Gutachten legt 497 Taten offen
Das Erzbistum München und Freising will am Donnerstag erstmals inhaltlich zu dem vergangene Woche veröffentlichten Missbrauchsgutachten Stellung nehmen. Die Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl hatte im Auftrag des Erzbistums seit 2020 Missbrauchsfälle zwischen 1945 und 2019 untersucht. Die Gutachter fanden in diesem Zeitraum im Erzbistum Hinweise auf mindestens 497 Betroffene sexualisierter Gewalt, sowie 235 Täter, darunter 173 katholische Priester.
Zudem werfen sie dem emeritierten Papst Benedikt XVI. Fehler im Umgang mit Missbrauchs-Tätern in vier Fällen in seiner Funktion als Münchner Erzbischof zwischen 1977 und 1982 vor. Auch dem amtierenden Erzbischof Kardinal Reinhard Marx wiesen sie Fehlverhalten in zwei Missbrauchsfällen nach. Er soll in seiner Amtszeit pflichtwidrig Missbrauchsfälle nicht nach Rom gemeldet haben.
Erzbistum Köln hat digitale Akten eingeführt
Das Erzbistum Köln führt nach eigenen Angaben seit dem 1. Juli 2021 die Personalakten aller Mitarbeitenden digital. Dies ist eine Konsequenz aus dem Missbrauchsgutachten der Kanzlei Gercke-Wollschläger, das im März 2021 für das Erzbistum Köln veröffentlicht worden war. Das Gutachten hatte unter anderem Lücken und Unstimmigkeiten in der Aktenführung festgestellt und Verbesserungen angemahnt.