Vor dem Hintergrund des Missbrauchsskandals sagte Koch dem "Tagesspiegel" (Sonntag): "Wir beziehen mehr Leute mit ihrem Fachwissen und ihrer Autorität ein. Das funktioniert nur, wenn ich und alle Verantwortungsträger auch bereit sind, Macht abzugeben und zu teilen."
Die Kirchenaustritte seien "gewissermaßen die 'Quittung' für den Skandal des sexuellen Missbrauchs".
Zu der TV-Dokumentation "Wie Gott uns erschuf", in der sich 125 Menschen, die in der katholischen Kirche beschäftigt sind, unter dem Hashtag #OutInChurch als queer geoutet haben, sagte er: "Ich bedauere, dass sie offensichtlich in der Kirche, in ihren Gemeinden und in ihren Gemeinschaften nicht die Offenheit gefunden haben, darüber zu sprechen und ihr ganz persönliches Leben zu teilen und mitzuteilen."
Umgang der Kirche mit Homosexualität "eines der großen Probleme"
Koch erklärte, der Umgang der Kirche mit Homosexualität sei "eines der großen Probleme". Aus Gesprächen wisse er "nur zu genau, wie sehr queere Menschen unter Verletzungen und Unterstellungen leiden. In der katholischen Weltkirche gibt es nach wie vor abwertende Positionen zur Homosexualität."
Für die Kirche in Deutschland sei das Outing "auch ein dringender Anstoß, den ich ausdrücklich unterstütze, die Grundordnung, das kirchliche Arbeitsrecht, zu evaluieren und die Forderungen von #OutInChurch zu berücksichtigen". Er werde darüber mit dem Vatikan sprechen.
Verheiratete Priester vorstellbar
Koch kann sich auch verheiratete Priester vorstellen. Ehelosigkeit sei zwar ein "starkes Glaubenszeugnis", müsse aber "nicht der ausschließliche Weg zum priesterlichen Dienst sein". Er wisse, "wie stark die Glaubens- und Verkündigungskraft vieler Verheirateter ist, die auch im priesterlichen Leitungsdienst eine Bereicherung wären".
Der Erzbischof möchte die Kirche zudem stärker für Frauen öffnen.
"Ich persönlich unterstütze das Diakonat der Frauen", sagte er. Koch sieht allerdings derzeit keine Chance, dass Frauen Priesterinnen werden. "Mir geht es auch um die Einheit der Weltkirche. Um diese Einheit sicherzustellen, wäre das Diakonat für Frauen ein praktikabler Schritt, denn ich sehe nicht, dass die Priesterweihe für Frauen weltweit durchzusetzen ist."