"Die Versuchung der Kirche könnte sein, sich missbrauchen zu lassen, zur Rechtfertigung des Krieges, zur Rechtfertigung weiterer Kämpfe", sagte er dem ORF. Anstatt sich vor den "kämpferischen Wagen" spannen zu lassen, wünsche er sich sowohl von der russisch-orthodoxen als auch von der griechisch-katholischen Kirche, dass sie "Brücken bilden" und sich nicht durch die Mächtigen trennen ließen. Menschen in beiden Völkern zusammenbringen sei der "eigentliche Job der Kirche heute".
In der Darstellung des Krieges werde viel gelogen, sagte Zulehner.
Europa stehe für Gerechtigkeit und Wahrheit
Die Kirchen müssten hier klar aufzeigen, dass sie "zu wirklicher Freiheit" stünden. Die Gewaltlosigkeit, wie sie Europa nach dem Zweiten Weltkrieg kannte, könne man mit dem Potenzial dieses Kontinents wieder erlangen, so Zulehner: "Europa steht für Freiheit, für Gerechtigkeit und für die Wahrheit."
Die offizielle Kirche bemühe sich viel um Neutralität, aus ihr heraus werde aber auch politische Arbeit verrichtet, erklärte Zulehner. "Die Kirche macht in vielen Bereichen schon jetzt eine viel bessere Arbeit, als wir gesellschaftlich wahrnehmen." Er sei überzeugt, "wären die Kirchen nicht, wäre das Land sozial und menschlich kühler und ärmer".
Kirche bereits jetzt engagiert
Die katholische Kirche sei auch in der aktuellen Situation sehr engagiert, etwa durch die Caritas, die "an vorderster Front steht, Güter liefert und sich um Flüchtlinge kümmert". Aber auch das diplomatische Engagement des Vatikan dürfe nicht unterschätzt werden.
So schicke der Papst Gesandte in die Krisenregionen und der vatikanische Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin habe etwa mit dem Außenminister Russlands telefoniert. "Ich glaube, der Vatikan tut derzeit alles, um das menschliche Leid durch die Bomben zu beenden", so Zulehner.