DOMRADIO.DE: Sie sind eine von 17 professionellen Seelsorgerinnen, die der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck am Wochenende mit dieser Aufgabe beauftragt hat. Was bedeutet das jetzt für Sie ganz persönlich?
Sandra Schnell (Pfarrbeauftragte Pfarrei St. Matthäus Altena und Nachrodt-Wiblingwerde): Für mich war das schon ein großer Moment, ich bin auch wirklich ein bisschen stolz drauf und sehr froh, dass ich dabei sein kann. Alle diese Neuerungen in unserer Kirche so mitzuerleben, ist auch eine große Ehre für mich.
DOMRADIO.DE: Was für Reaktionen haben Sie aus Ihrer Gemeinde da bekommen?
Schnell: In meiner Pfarrei in Altena und Nachrodt-Wiblingwerde habe ich gemerkt, dass die Leute sehr aufgeschlossen sind. Sie sind wohl auch ein bisschen stolz darauf, dass sie jetzt so nahe dran sind, dass sich in der Kirche Dinge tun und weiterentwickeln, dass sie das so hautnah miterleben dürfen.
DOMRADIO.DE: Gab es denn noch etwas zu lernen, bevor Sie taufen können?
Schnell: Wir hatten einen Vorbereitungskurs, in dem wir noch einmal durchgegangen sind, wie genau so eine Tauffeier ablaufen kann. Dabei haben wir theologische Fragen genauso wie kirchenrechtliche besprochen, so dass wir jetzt alle gut vorbereitet sind.
DOMRADIO.DE: Ändert diese Befugnis denn auch etwas an Ihrer Rolle als Gemeindeleiterin?
Schnell: Ich würde sagen, sie komplettiert sie ein wenig. Schon vorher haben Leute gefragt, warum ich denn nicht ihre Kinder taufen könne, ich würde ja jetzt schließlich auch die Pfarrei leiten. Das würde doch Sinn machen, weil man die Taufe mit der Aufgabe eines Pfarrers verbindet. Jetzt habe ich also auf der einen Seite einfach eine Aufgabe mehr. Auf der anderen Seite ist es aber auch wirklich eine wichtige Aufgabe, die für die Seelsorge eine entscheidende Rolle spielt, so dass ich jetzt ein bisschen besser im Boot bin.
DOMRADIO.DE: Tatsächlich hat Bischof Overbeck Sie und die anderen nicht geweihten Seelsorgerinnen mit einer kirchenrechtlichen Ausnahmegenehmigung beauftragt, weil es nicht genügend Priester und Diakone gibt, die taufen können. Der Auftrag ist auch zunächst auf drei Jahre befristet. Schmälert das Ihre Freude ein wenig? Fühlen Sie sich da vielleicht doch ein bisschen als Notnagel?
Schnell: Dass das jetzt so gekommen ist, ist ja tatsächlich eine Folge des Priestermangels, das heißt, man kann es anders nicht begründen. Ich sehe eher die Chance darin, als dass ich traurig darüber wäre. Ich denke, es ist gut, dass es jetzt so kommt, dass sich aus dieser Situation heraus die Möglichkeit für uns ergibt, noch einmal neue Wege zu beschreiten. Der Hintergrund macht mich nicht traurig. Ich bin eher froh darüber, dass es überhaupt geht, dass wir überhaupt diese neue Möglichkeit bekommen.
DOMRADIO.DE: Hoffen Sie darauf, dass die ersten taufenden Frauen im Bistum Essen zu Vorbildern für die gesamte katholische Kirche in Deutschland werden?
Schnell: Es wäre natürlich schön, wenn andere Bischöfe und andere Bistümer ein Auge auf uns werfen und dann zum Schluss kommen würden, dass das auch ein guter Weg für sein könnte. Ich würde es meinen Kolleginnen und Kollegen in den anderen Bistümern wünschen. Ich würde es auch den Priestern dort wünschen – für sie wäre es doch eine Entlastung, wenn sie noch mehr Unterstützung bekämen.
Das Gespräch führte Florian Helbig.