DOMRADIO.DE: Sie sind ein grünes Kloster und verstehen sich als innovativen Lernort. Was können die Leute bei Ihnen sehen und lernen?
Beda Maria Sonnenberg (Abt der Benediktinerabtei Plankstetten in der Oberpfalz): Unser Kloster steht mitten in der grünen Landschaft in einem Seitental des Altmühltales. Wir haben uns frühzeitig mit der Thematik der Ökologie beschäftigt. In den 90er Jahren sind wir draufgekommen, dass das Leben mit der Schöpfung den Menschen zu Gott und weiterführen kann.
Ein wichtiger Punkt war von Anfang an das Thema Wahrnehmen: Die Schöpfung in ihrer Schönheit wahrnehmen, in ihrer unerklärlichen Art, wie sie sich darstellt, versuchen Dinge zu erklären, versuchen dahinter zu steigen, das Staunen neu zu lernen, das Wundern.
Es gibt viele Dinge, die auf den ersten Blick gar nicht klar sind. Darauf folgt ein wichtiger Schritt: Gott danken, loben und vor allen ökologisch Handeln und im Einklang mit der Schöpfung zu leben. Das hat viele Konsequenzen.
DOMRADIO.DE: Diese Vorbildfunktion bauen Sie mit dem Zentrum für Schöpfungsspiritualität aus. Wen wollen Sie mit welchen Angeboten erreichen?
Sonnenberg: Dieses Zentrum für Schöpfungsspiritualität ist Teil unseres Bildungsprogrammes des Hauses St. Gregor. Es wendet sich an alle Bevölkerungsschichten, von Jugendlichen bis hin zu Senioren. Innerhalb des Bildungsprogrammes geht es um "Laudato si" (Umweltenzyklika von Papst Franziskus, Anm. d. Redaktion). Konkret geht es um die Themen Spiritualität, Gesundheit, Lebensführung und Kreativität. Die Kurse sind der praktische Bestandteil, in denen wir unser spirituelles und ökologisches Konzept der Abtei vermitteln.
In den Kursen geht es um Gesundheit und Lebensführung sowie ums Fasten. Es gibt Kräuterkurse. Es geht um Wetterkunde. Es geht um Vogelstimmen. Es geht um sportliche Fragen. Und wir haben auch Kurse zum Thema Kreativität, wie zum Beispiel Fotografieren mit der Natur. Der Kurs findet zurzeit bei uns statt.
Es geht uns auch stark darum, die Kurse nicht missionarisch auszurichten. Wir haben in erster Linie das katholische Publikum, aber wir richten uns natürlich an alle Menschen, die interessiert sind.
DOMRADIO.DE: Das Thema Natur und Ökologie interessiert immer mehr Menschen. Auch diejenigen, die vielleicht mit dem Thema Glauben nicht viel anfangen können. Wie kann aus so einem Interesse etwas Spirituelles entstehen?
Sonnenberg: Ich glaube, dass wir versuchen, Menschen das Thema auf einem höherem, einem umfassenderen Horizont zu vermitteln. Es geht nicht um jedes einzelne Gänseblümchen. Es geht um die Fragen dahinter. Wer hat so was erschaffen? Wie ist so etwas entstanden und warum? Wie passt sich eine Pflanze ihrer Umgebung neu an?
Das sind spannende Fragen, die im Raum stehen und man sieht, dass Schöpfung etwas Dynamisches ist. Innerhalb dieser Dynamik können wir Gott finden und erkennen. Das führt über die Schöpfung zu einem Leben mit Gott.
DOMRADIO.DE: In den letzten Jahren hat die Bewahrung der Schöpfung eine größere Dringlichkeit bekommen. Auch junge Leute setzen sich über die "Fridays-for-Future"-Bewegung mit dem Thema auseinander.
Sonnenberg: Mein Vorgänger, Bischof Gregor, hat den Zusammenhang zwischen Gott und Schöpfung einmal sehr schön dargestellt. Er fragte: "Wie können wir Gott in der Natur preisen?" Damals, Ende der 1980er, zu Beginn der 1990er Jahre, war das Waldsterben Thema.
Wenn ich heute mit dem Fahrrad durch die Landschaft fahre, sehe ich im Grunde genommen eine zubetonierte Landschaft. Immer wieder werden neue Flächen für Wohnraum oder für die Industrie erschlossen. Da frage ich mich: Wo geht das hin? Wo soll das enden? Mir macht das große Sorgen. Ich glaube, in der Gesellschaft ist ein neues Denken, ein Umdenken notwendig.
DOMRADIO.DE: Machen Ihnen die jungen Leute von "Fridays for Future" Hoffnung und Mut?
Sonnenberg: Bei den Jugendlichen und den jungen Menschen wächst sehr viel Bewusstsein heran. Sie gehen bewusster mit der Natur und mit der Schöpfung um. Aber ich glaube, da ist noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten, damit sie das Thema noch einmal umfassender betrachten und für sich persönlich angehen. Das fängt bei einfachen Themen wie dem Handyumgang an. Auch sowas ist ein Eingriff in die Schöpfung.
Das Interview führte Hilde Regeniter.