EKD-Präses Kurschus wirbt für Aktion #klimagerechtwerden

"Es braucht jetzt ein Umdenken"

Nachhaltig leben im Alltag geht jeden von uns an. Das will die Evangelische Kirche in Deutschland mit ihrer Kampagne #klimagerechtwerden vermitteln. Die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus sieht auch die Kirchen in der Pflicht.

Symbolbild Klimaschutz / © simona pilolla 2 (shutterstock)
Symbolbild Klimaschutz / © simona pilolla 2 ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Worum geht es denn bei der Aktion #klimagerechtwerden? Wofür setzen Sie sich da ein? 

Annette Kurschus (Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)): Zunächst einmal geht es, wie bei allen Kampagnen, darum, dass erneut ins Bewusstsein kommt, dass der Klimawandel das Leben bedroht, dass er vielen Menschen die Lebensgrundlagen raubt, vor allen Dingen Menschen in den ärmeren Gebieten unserer Erde und den Menschen in den nächsten Generationen. Das muss neu ins Bewusstsein.

Und die Aktion dagegen fängt nicht bei irgendwelchen anderen Menschen an oder gar bei Organisationen, sondern zuallererst bei mir selbst. Darauf wollen wir aufmerksam machen. 

Annette Kurschus engagiert sich für Klimagerechtigkeit bei bundesweiten Kampagne der evangelischen Kirche (EKD)
Annette Kurschus engagiert sich für Klimagerechtigkeit bei bundesweiten Kampagne der evangelischen Kirche / ( EKD )

DOMRADIO.DE: Es sind ja einige bekannte Gesichter dabei. Anna-Nicole Heinrich zum Beispiel, Eckart von Hirschhausen macht mit. Was ist denn Ihnen persönlich wichtig an dieser Kampagne und am Thema Klimaschutz? 

Annette Kurschus Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland

"Mich quält das tatsächlich, dass ich immer deutlicher merke: Auch ich selbst lebe derzeit auf Kosten anderer Leute."

Kurschus: Eben dies, dass es zuallererst bei mir selber anfängt, dass ich nicht andere aufrufe, etwas zu tun oder zu lassen, sondern, dass ich selber beginne. Mich quält das tatsächlich, dass ich immer deutlicher merke: Auch ich selbst lebe derzeit auf Kosten anderer Leute. Mein guter, bequemer Lebensstil wird andere etwas kosten - buchstäblich - indem sie das nicht mehr haben. Das beschäftigt mich sehr.

Deswegen wird es höchste Zeit, dass sich da etwas ändert bzw. dass ich selbst auch etwas ändere. Und wir als Kirche erst recht. 

Eckart von Hirschhausen engagiert sich bei der EKD-Kampagne #klimagerechtwerden (EKD)
Eckart von Hirschhausen engagiert sich bei der EKD-Kampagne #klimagerechtwerden / ( EKD )

DOMRADIO.DE: Dann bleiben wir mal bei Ihnen selbst. Wir haben Sie in einem kleinen Internet-Clip gesehen, wo Sie Fahrrad fahren. Tun Sie das auch im wahren Leben so? 

Kurschus: Immer häufiger. Auch bei mir gibt es Tage, da denke ich: Oh, jetzt muss es schnell gehen oder jetzt regnet es oder es ist mir zu windig. Dann steige ich doch ins Auto. Aber es ist tiefer im Bewusstsein.

Ich überlege stärker: Wo kommt das her, was ich esse. Ich versuche mich möglichst regional und saisonal zu ernähren, damit die Sachen nicht so lange Reisewege haben.

Ich gucke, wie ich heize, bemühe mich, dass alles gut gedämmt ist und ich einfach sparsam und schonend mit den Energien umgehe, von denen wir leben und auf die wir angewiesen sind. Wir haben es ja selten so gemerkt wie in diesen Tagen des Krieges. 

DOMRADIO.DE: An diesem Freitag ist ja auch der Tag des globalen Klimastreiks. Demonstrationen werden in über 300 Städten allein in Deutschland erwartet. Die EKD hat auch dazu aufgerufen. Dass ihre Klimakampagne gerade in dieser Woche losging, war bestimmt kein Zufall, oder? 

Kurschus: Das ist ein starkes Signal, gerade in dieser Zeit. Wir sprechen lieber von Klimaaktion statt von Klimastreik, weil es tatsächlich um Aktionen geht. Wir werden kirchlicherseits heute ganz viel machen: Andachten, Gebete, an Demonstrationen teilnehmen. Der Rat der EKD, der heute tagt, wird seine Tagung heute Mittag unterbrechen und ein Klimagebet miteinander halten.

Annette Kurschus, Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland

"Es wird uns etwas kosten in doppelter Hinsicht. Wir werden Geld in die Hand nehmen müssen."

Wir wissen, dass der russische Präsident Putin fossile Energien sehr stark als Druckmittel einsetzt. Wir sind der Meinung, je stärker wir auf diese Energien verzichten, desto stärker könnte der Druck wachsen und desto mehr könnte er zum Einlenken kommen. So hoffen wir im Blick auf sein Kriegstreiben.

DOMRADIO.DE: Auf der Homepage bei Ihnen heißt es: Es braucht klare Worte, entschlossene Hoffnung und tätige Umkehr. Und es braucht sie jetzt. Wie kann dieses "jetzt" aussehen - auch in unseren Kirchen? 

Anna-Nicole Heinrich engagiert sich bei der EKD-Kampagne für Klimagerechtigkeit (EKD)
Anna-Nicole Heinrich engagiert sich bei der EKD-Kampagne für Klimagerechtigkeit / ( EKD )

Kurschus: Indem wir mit den schon beschriebenen kleinen Schritten anfangen und indem wir das auch recht radikal im Wortsinne machen - also von der Wurzel her. Das heißt, es wird uns etwas kosten in doppelter Hinsicht. Wir werden Geld in die Hand nehmen müssen.

Wir haben mit der Kirchenkonferenz, das ist der Verbund der Landeskirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland, überlegt: Wie sieht es mit einem Klimaschutzgesetz aus? Also, das wird auch Kosten mit sich bringen für die einzelnen Landeskirchen. Selbstverpflichtungen, die jetzt an den Start müssen, damit sie dann auch auf den Weg kommen und wirksam werden

Es braucht jetzt ein Umdenken und anders Handeln. Das, was in der Bibel mit Umkehr genannt ist oder auch Buße. 

Das Interview führte Tobias Fricke.

Evangelische Kirche in Deutschland (EKD)

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist die Gemeinschaft der 20 evangelischen Landeskirchen in der Bundesrepublik. Wichtigste Leitungsgremien sind die EKD-Synode mit ihren Mitgliedern, die Kirchenkonferenz mit Vertretern der Landeskirchen sowie der aus ehrenamtlichen Mitgliedern bestehende Rat. Sitz des EKD-Kirchenamtes ist Hannover.

Synode der EKD / © Norbert Neetz (epd)
Synode der EKD / © Norbert Neetz ( epd )
Quelle:
DR