Papst Franziskus lehnt derzeit Besuch in der Ukraine ab

"Würde höhere Ziele gefährden"

Trotz mehrfacher Einladungen und Bitten aus der Ukraine schließt Papst Franziskus einen Besuch in dem Kriegsland unter den aktuellen Umständen aus. Auch ein Treffen mit Kyrill wurde vom Vatikan abgesagt.

Papst Franziskus steht neben Flüchtlingskindern und -frauen aus der Ukraine und küsst eine ukrainische Nationalflagge, die er aus dem ukrainischen Ort Butscha erhalten hat, bei der Generalaudienz am 6. April 2022 im Vatikan.  / © Paul Haring (KNA)
Papst Franziskus steht neben Flüchtlingskindern und -frauen aus der Ukraine und küsst eine ukrainische Nationalflagge, die er aus dem ukrainischen Ort Butscha erhalten hat, bei der Generalaudienz am 6. April 2022 im Vatikan. / © Paul Haring ( KNA )

"Ich kann nichts tun, was die höheren Ziele gefährden würde – nämlich ein Ende des Krieges, einen Waffenstillstand oder zumindest einen humanitären Korridor", sagte Papst Franziskus im Interview der argentinischen Zeitung "La Nacion" (Donnerstag Ortszeit). "Was würde es dem Papst nützen, nach Kiew zu reisen, wenn der Krieg am nächsten Tag weitergeht?", so das Oberhaupt der katholischen Kirche.

Besuch beim russischen Botschafter

Er sei bereit, "alles zu tun", was in seiner Macht stehe, um zu einer friedlichen Lösung beizutragen. Dabei müsse sich ein Papst allerdings an diplomatische Gepflogenheiten halten. Öffentliche Kritik an Staatsoberhäuptern oder Staaten sei nicht hilfreich.

Papst lobt europäische Solidarität mit Ukraine-Geflüchteten

Papst Franziskus hat den Menschen in Europa für ihre Solidarität mit Geflüchteten aus der Ukraine gedankt. Europa reagiere auf den Krieg nicht nur auf Ebene der höchsten Institutionen, sondern auch auf jener der Zivilbevölkerung, sagte er am Samstag bei einem Treffen mit italienischen Funkamateuren. Es hätten sich so viele Menschen mobilisiert, um den Flüchtlingen zu helfen. Dies sei ein konkreter, handwerklicher Weg, Frieden zu schaffen.

Papst Franziskus und im Vordergrund eine Marienikone / © Paul Haring (KNA)
Papst Franziskus und im Vordergrund eine Marienikone / © Paul Haring ( KNA )

"Der Vatikan ruht nie", versicherte der 85-Jährige. Es gebe vielfältige Bemühungen und Vermittlungsversuche auf verschiedenen Ebenen. So habe er selbst kurz nach Kriegsbeginn den russischen Botschafter beim Heiligen Stuhl besucht: "Ich war allein. Ich wollte nicht, dass mich jemand begleitet. Das war meine persönliche Verantwortung."

Verständigung besser als Konfrontation

Konkrete Inhalte der Unterredung mit dem russischen Diplomaten nannte der Papst nicht, doch er ließ in dem Interview durchblicken: "Es ist für jeden, der es genau sehen will, klar, dass ich der Regierung signalisiert habe, dass sie den Krieg im nächsten Augenblick beenden kann." Jede Art von Krieg sei in der heutigen Zeit "anachronistisch". Darum habe er kürzlich öffentlich die ukrainische Flagge geküsst. Dies sei "eine Geste der Solidarität" mit den Toten, ihren Familien und den Flüchtlingen gewesen.

Der Papst äußerte sich auch zum russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I., der als enger Verbündeter von Präsident Wladimir Putin gilt. Sein Verhältnis zu Kyrill sei nach wie vor "sehr gut", betonte Franziskus. Er bedauere, dass der Vatikan ein für Juni in Jerusalem geplantes zweites Treffen habe absagen müssen. Eine solche Begegnung hätte unter den derzeitigen Gegebenheiten "zu viel Verwirrung führen können". Dennoch sei aus seiner Sicht Verständigung besser als Konfrontation.

Quelle:
KNA