Die "Kölnische Rundschau" und die Rheinische Post" zitieren aus dem Schreiben des stellvertretenden Finanzchefs Martin Günnewig an den Kirchensteuer- und Wirtschaftsrat des Erzbistums. Zugleich begründet Günnewig, warum kirchliche Finanzgremien in die Entscheidung nicht einbezogen wurden.
Mitte April wurde bekannt, dass die Erzdiözese Schulden eines Priesters in Höhe von fast einer halben Million Euro übernommen hat. Später hätten noch Steuern und Zinsen nachgezahlt werden müssen, wodurch ein Gesamtbetrag von 1,115 Millionen Euro entstand. Von einer Spielsucht des Priesters, über die Medien zunächst berichtet hatten, sei dem Erzbistum nichts bekannt, bekräftigt Günnewig.
Nicht zustimmungspflichtig
Nach seinen Worten ergab eine rechtliche Überprüfung, dass kirchliche Gremien der Zahlung nicht zustimmen mussten. Die Tilgung der Schulden sei aus dem sogenannten BB-Fonds erfolgt, einem Sondervermögen des Erzbischöflichen Stuhls. "Beispruchsrechte" von Gremien seien aber "gesetzlich eindeutig auf das Diözesanvermögen beschränkt", wozu das Vermögen des Stuhls nicht gehöre, zitiert der Vizefinanzchef die kommissarische Justiziarin des Bistums, Heike Gassert.
Zudem sähen die kirchenrechtlichen Bestimmungen eine Beteiligung nur für Rechtsakte und -geschäfte vor "wie die Abgabe von Bürgschaften, Garantien, Patronatserklärungen oder Schuldenübernahmen, die für das Diözesanvermögen erhebliche rechtliche oder finanzielle Konsequenzen haben könnten". Das habe es hier aber nicht gegeben, sondern nur eine "unentgeltliche Zuwendung".
Aus dem BB-Fonds hatte der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki auch die umstrittenen 2,8 Millionen Euro für PR-Experten und Juristen im Zuge der Missbrauchsaufarbeitung sowie die millionenschwere Anschubfinanzierung der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) entnommen.
Abwendung von Schadenersatzansprüchen
Laut dem Brief Günnewigs wurden die Schulden in Höhe von 493.697,82 Euro in fünf Tranchen vom 1. Juli 2015 bis zum 30. Juni 2016 beglichen. Davon seien etwa ein Viertel - 114.240,55 Euro - an zwei Kirchengemeinden gegangen, denen der Geistliche Geld schuldete. Der Rest sei überwiegend über den Sozialdienst Katholischer Männer in die Tilgung anderer Schulden geflossen. 2020 hab es dann eine "Lohnsteuerberichtigung" in Höhe von 650.000 Euro aus dem regulären Personaletat gegeben.
"Die Zahlungen des Erzbistums an die Kirchengemeinden dienten der Abwendung eines Schadenersatzanspruchs der Kirchengemeinden gegen das Erzbistum als Arbeitgeber des Pfarrers, so dass die Auszahlungen eindeutig nicht zustimmungsbedürftig waren", zitiert Günnewig die Justiziarin. Die Steuernachzahlung von 2020 habe gesetzlichen Pflichten entsprochen. Da der Etat für "Personalkosten Pastorale Dienste" von 70,75 Millionen Euro nicht überschritten worden sei, habe es auch keine zustimmungspflichtige Abweichung von Wirtschaftsplan gegeben.
Nach Auszeit wieder im Amt
Der Priester hatte sich laut Günnewig 2014 an den damaligen Erzbischof Joachim Meisner gewandt. Laut "Rundschau" ging es zunächst offensichtlich um eine mittlere fünfstellige Summe. Erst nach und nach scheine das Finanzdrama um den schwer kranken Mann in seinem ganzen Ausmaß deutlich geworden zu sein.
Der WDR zitiert einen Sprecher der Erzdiözese, wonach keine rechtliche Verpflichtung bestanden habe, Strafanzeige gegen den Geistlichen zu stellen wegen der Unregelmäßigkeiten in den beiden Kirchengemeinden. Der Priester sei nach einer Auszeit wieder im Amt. Er habe aber weder eine leitende Stellung noch Verantwortung für Geld.