An ihm lag es gewiss nicht: Papst Franziskus weiß die Arbeit des Catholic News Service (CNS) durchaus zu schätzen. So sehr, dass er die Mitarbeiter des römischen Büros im vergangenen Jahr zu einer Audienz empfing. CNS habe über 100 Jahre durch seine Berichterstattung über die Kirche "einen unschätzbaren Beitrag für die englischsprachige Welt geleistet", lobte er die Einrichtung, die unmittelbar der Kommunikationsabteilung der US-Bischofskonferenz unterstellt ist.
Dass CNS nun dennoch vor dem Aus steht, wirft in der katholischen Medienlandschaft Fragen auf. Der Kommunikationsdirektor der Bischöfe, James Rogers, hatte darauf keine Antworten, als er vor einigen Tagen den 21 Mitarbeitern der Büros in Washington und New York die Nachricht übermittelte. Er teilte mit, der 31. Dezember 2022 werde der letzte Arbeitstag sein. Die Entscheidung sei Teil einer "grundlegenden Umstrukturierung", so die vage Begründung. Man wolle besser mit den "von den Gläubigen anvertrauten Ressourcen" umgehen.
Die Folgen für das Personal sind unklar
Fortgeführt wird lediglich die Weltkirche-Berichterstattung aus Rom, die künftig für US-Bistümer kostenlos sein soll. Der kostenpflichtige Abonnementbetrieb werde zum 1. Januar 2023 eingestellt. Was mit dem Personal geschieht, ist unklar. Die Betroffenen stehen unter Schock und äußern ihren Unmut. Chefredakteur Greg Erlandson reagierte "zutiefst traurig" auf die Entscheidung der Bischöfe. CNS-Veteranin Rhina Guidos schrieb auf Twitter, sie sei in Sorge "über die Zukunft der katholischen Medien".
Tatsächlich leiden traditionelle Bistumszeitungen und andere katholische Publikationen unter ähnlichen Problemen wie säkulare Medien. Wegen Veränderungen in der Medienstruktur, des Wegfalls von Anzeigen und zurückgehenden Abonnement-Zahlen lassen sich vor allem Print-Produkte kaum mehr kostenneutral betreiben. Der Wegfall der CNS-Zulieferung dürfte die Lage für etliche Kirchenzeitungen mit ohnehin dünner Personaldecke noch schwieriger machen. Zu den Leidtragenden zählen aber auch publizistische Schwergewichte wie das Jesuiten-Magazin "America". Ebenso sind Online-Medien wie das Internetportal Crux unter den dankbaren Abnehmern der CNS-Produktion.
"Kein profitables Geschäft mehr"
Beobachter spekulieren nun über die Hintergründe für das bevorstehende Aus. Wichtigster Faktor ist aus Sicht der meisten Experten schlicht das Geld. "Journalismus, besonders katholischer Journalismus, ist kein profitables Geschäft mehr", schreibt der Autor Mike Lewis in einer Analyse für das Portal "Where Peter Is". Das gelte in der gegenwärtig polarisierten Zeit umso mehr für den professionellen, nie polemischen Stil von CNS. Mit ideologiegetriebener, zugespitzter Berichterstattung falle es leichter, Geldgeber zu finden.
Damit spielt Lewis auf das einflussreiche konservative Mediennetzwerk EWTN an. Mit seinen zahlreichen Sendern und Publikationen erreicht das 1981 von der Franziskanerklarissin Mutter Angelica gegründete Unternehmen inzwischen mehr als 200 Millionen Haushalte in 140 Ländern. Ohne die Konkurrenz von CNS könnte EWTN mit seiner 2014 erworbenen Catholic News Agency (CNA) bald den katholischen Nachrichtenmarkt in den USA dominieren. Kritiker argwöhnen, dies komme der Mehrheit der US-Bischöfe, die dem Reformkurs von Papst Franziskus skeptisch gegenübersteht, durchaus recht.
"Sehr pluralistischer Kurs"
Ein Indiz dafür ist das Schicksal des ehemaligen CNS-Chefredakteurs Tony Spence, den die Bischöfe 2016 zum Rücktritt drängten. Grund waren private Tweets, die von rechten kirchlichen Kreisen als Parteinahme für die Agenda von Lesben und Schwulen interpretiert wurden. Was damals Spence passierte, "ist eben jetzt der gesamten Redaktion widerfahren", meint Ludwig Ring-Eifel, Chefredakteur der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Deutschland. Er attestiert CNS einen seit Jahren "sehr pluralistischen Kurs". Dieser habe reformorientierte wie konservative Stimmen gleichermaßen zu Wort kommen lassen.
"Das scheint mit der Mehrheit der Bischofskonferenz in den USA nicht mehr kompatibel zu sein", so Ring-Eifel. Anders als bei KNA handele es sich bei CNS weniger um eine Agentur im klassischen Sinne. Der Dienst sei eher ein "verlängerter Arm" der Bischofskonferenz. Und der werde dann eben politisch genau ausgerichtet - "das verwundert überhaupt nicht". Überraschend ist aus Ring-Eifels Sicht eher, dass es ausgerechnet unter Chefredakteur Erlandson zu diesem Schritt gekommen sei. Dieser gelte "wirklich als ein Mann des Ausgleichs".