DOMRADIO.DE: Mal ganz kurz vorab: Was macht ein Präfekt?
Michael Rind (Präfekt der Kölner Kevelaer-Bruderschaft): Wir leiden da ein wenig unter der alten traditionellen Terminologie der Bruderschaft. Neudeutsch wird man den Präfekten als weltlichen Leiter bezeichnen, der sich also um die organisatorischen Dinge einer solchen Wallfahrtsdurchführung, aber auch alle anderen Veranstaltung im Laufe eines Jahres, kümmert. In meinem Falle kommt auch noch die Zweigleisigkeit dazu, sich um die Finanzen zu kümmern, denn an Ehrenämtern wird es bedauerlicherweise auch immer weniger.
DOMRADIO.DE: Der Name "Kölner Kevelaer-Bruderschaft" verrät es ja schon. Einmal im Jahr pilgern sie von Köln nach Kevelaer zu einem kleinen gedruckten Andachtsbild der Muttergottes. Warum hat man damals, vor 350 Jahren, damit angefangen?
Rind: Der Sage nach hat ein Kaufmann dort ein Erscheinungsbild der Muttergottes gehabt, die ihm auch aufgetragen hat, dort eine Kapelle zu errichten. Das war ein Ausläufer noch des Dreißigjährigen Krieges. Ich denke in Köln ist man zu dieser Zeit wahrscheinlich noch in weitere Richtungen gepilgert.
Und da der Rheinländer dann auch davon gehört hat und ein wenig bequemer war, hat man gesagt, zur Gnadenkapelle der Trösterin der Betrübten, wie die Muttergottes in Kevelaer verehrt wird, ist es nicht ganz so aufwendig, wie eine Wallfahrt nach Rom, nach Jerusalem oder Santiago. Die waren damals teilweise über mehrere Monate und gingen mit dem teilweise auch Verlust des Arbeitsplatzes einher.
DOMRADIO.DE: Wurde das jetzt tatsächlich die letzten 350 Jahre komplett durchgehalten oder gab es mal Unterbrechungen?
Rind: Es gab wie gesagt den Dreißigjährigen Krieg, die Pest, den Ersten und Zweiten Weltkrieg, es ist nicht genau überliefert. Wir feiern in diesem Jahr primär daher 350 Jahre Wallfahrt. Ich weiß von den Erzählungen meines Großvaters, dass teilweise zwei, drei Pilger versucht haben, in den Jahren des Zweiten Weltkriegs diese Wallfahrt aufrechtzuerhalten auf unterschiedlichen Wegen, weil Wallfahren da verboten war.
Auch jetzt in den letzten beiden Jahren der Pandemie, wo uns teilweise die Möglichkeiten genommen waren, haben wir versucht, mit kleineren Pilgergruppen, aber dann verkürzten Programmen die Wallfahrt aufrechtzuerhalten. Einigen wir uns also auf 350 Jahre.
DOMRADIO.DE: Und Sie machen sich dann immer in den Sommerferien zu Fuß auf den Weg. Was ist da immer wieder das Schöne dran an diesem Aufbruch?
Rind: Es ist immer die fünfte Ferienwoche in Nordrhein-Westfalen. Das ist auch ein Kalender, nach dem man sich sehr schön orientieren kann. Und ich glaube, das Entscheidende bei uns ist, wenn man sich die Quantität anschaut, im Regelfall sind es 120, 130 Fußpilger, hiervon 40, 50 Kinder und Jugendliche, die wir glücklicherweise auch immer noch begeistern können.
Es ist eben das gemeinschaftliche Gefühl. Das ist doch noch was anderes als eine Wallfahrt, die man alleine oder zu zweit verrichtet. Hier ist das gemeinschaftliche Gefühl dann im Vordergrund und vor allen Dingen das über die Generationen hinweg Greifende, was wir bedauerlicherweise im Alltag ja immer weniger feststellen.
DOMRADIO.DE: Und gemeinsam wird auch am Wochenende gefeiert in Sankt Kunibert in Köln, mit Gottesdienst, mit Glockengeläut und einem Fest für die ganze Familie. Was ist da für Sie der größte Anlass zur Freude?
Rind: 350 Jahre, das ist eine wahnsinnig lange Zeit. Und uns macht es natürlich auch stolz, dass es uns die letzten Jahre gelungen ist, das fortzusetzen. Das ist also was anderes als vielleicht der Kegelclub, ohne abträglich zu sein. Das ist eine stolze Zeit, die uns auch ein Stück weit verpflichtet.
Eben auch der Umstand, dass wir in St. Kunibert, unserer Bruderschaftskirche, das Ganze dann auch in einem schönen festlichen Rahmen gestalten können. Mit einer Primiz möchte ich das mal nennen, denn das Glockenspiel, das marianische, was wir am Samstag hören dürfen, ist dann auch eine erstmalige Aufführung. Die anschließende Festmesse wird zelebriert von unserem Stadtdechanten Monsignore Robert Kleine. Und dann der Empfang, der anschließend sehr festlich wird, zu dem wir uns auch über viele Gäste aus Köln, aber auch aus Kevelaer freuen dürfen.
DOMRADIO.DE: Falls jemand neugierig geworden ist: Können Sie noch Kevelaer-Brüder oder Schwestern brauchen? Oder nehmen Sie auch Gastpilger mit?
Rind: Ja. Brüder nicht ausschließlich, das ist, wie gesagt, auch der Terminologie geschuldet. Bei uns ist jeder herzlich willkommen, ungeachtet ethnischer Herkunft, religiöser oder sexueller Orientierung. Wir sind da im Auftrag des Herrn unterwegs, die Menschen zur Trösterin der Betrübten zu führen, und unsere Aufgabe ist es nicht zu richten.
Das heißt also, Männlein wie Weiblein sind da herzlich willkommen aller Couleur, sich mit uns auf diesen Weg zu machen. Wir besitzen glücklicherweise auch eine eigene Internetseite, also da gibt es verschiedene Möglichkeiten und die Anmeldefrist dauert noch an, also von daher sind wir auf jeden Fall flexibel und begrüßen jede und jeden herzlich.
Das Interview führte Hannah Krewer.