Lateinische Kirchenmusik bei Johann Sebastian Bach

Wie für die Messe komponiert

Bach gilt als wichtigster evangelischer Kirchenmusiker. Er schrieb zahllose Werke für den evangelischen Gottesdienst. Aber es gibt auch lateinische Vertonungen, die wie für die katholische Messe komponiert erscheinen. Wie kam es dazu?

Autor/in:
Mathias Peter
Schrieb Bach auch Werke für den katholischen Gottesdienst? / © Mercedes Herran (KNA)
Schrieb Bach auch Werke für den katholischen Gottesdienst? / © Mercedes Herran ( KNA )

In seinem umfassenden Werk finden sich bei Bach gleich vier so genannte Kurzmessen. Die komponierte Bach für den lutherischen Gottesdienst.

Nach alter Tradition schrieb er sie im lateinischen Wortlaut. Latein war ja die Kirchensprache vor der Reformation gewesen. Luther lehnte diese Sprache für die Liturgie allerdings nicht komplett ab. An hohen Feiertagen wie Weihnachten, Ostern oder Pfingsten und an wenigen anderen Sonntagen im Kirchenjahr wurde Latein für den Gottesdienst bei den Lutheranern beibehalten. Allerdings wurden nur das Kyrie und das Gloria gesungen. Deswegen umfassen die vier Messen auch nur diese Teile.

Ein weiteres Werk auf Latein ist die bekannte Vertonung des Magnifikats. Diesen Lobpreis der Maria vertonte Bach ebenfalls in dieser Sprache, wieder allerdings für den evangelischen Gottesdienst. Weder die Kurzmessen noch das Magnifikat sah der Thomaskantor für einen katholischen Gottesdienst vor, auch wenn die Werke auf den ersten Blick so wirken.

Missa tota oder Missa brevis?

Etwas unklar ist die Bezeichnung bei Bachs Kurzmessen. Die vier Kompositionen von Bach werden auch Lutherische Messen genannt - aber da Luther gemeinhin mit Deutsch als Gottesdienstsprache verbunden wird, passt der Begriff nicht. 

"Missa brevis" erscheint für Bachs Kompositionen ebenso wenig passend, weil damit in katholischer Tradition in der Regel kurze Vertonungen des vollständigen Ordinariums Missae verstanden werden. Der deutsche Begriff "Kurzmesse" ist aber auch zweifelhaft, weil alle vier Werke jeweils eine halbe Stunde dauern. Aber es fehlen eben auch drei wesentliche Teile. "Missa tota" bezeichnet eine Mess-Vertonung, die den kompletten Text des Ordinariums vertont. Eine solche Missa ist bei Bach nur seine berühmte h-moll-Messe.

Ältere Vorlagen als Basis

Ähnlich wie diese große, tatsächlich katholische Messvertonung, basieren die vier Kurzmessen im erheblichen Umfang auf älteren Werken.

Das heißt, kompositorische Grundlagen waren jeweils ältere Kompositionen, die Bach nur mit einem neuen Text versah, ohne die Musik völlig zu verändern. Im Fall der vier Kurzmessen waren die Originalkompositionen allesamt Kantaten mit deutschem Text, die Bach zu einem früheren Zeitpunkt bereits geschrieben und aufgeführt hatte.

In Musica erklingt am Sonntagabend ab 20 Uhr die Missa in A-Dur BWV 234

Quelle:
DR