"Man spürt viel Einheit und sieht, wie die Menschen auf einen Sieg der Ukraine hinarbeiten, der Armee helfen und als Freiwillige ihre Städte und Dörfer verteidigen", sagte er der Wiener Presseagentur Kathpress am Mittwoch in einem Telefonat.
Die Hoffnung aller auf ein baldiges Kriegsende könne sich aber erst dann erfüllen, "wenn die Ukraine genug Waffenhilfe aus dem Westen bekommt und militärisch stark ist. Denn Russland versteht nur diese Sprache. Es gibt für Putin kein anderes Argument, um seinen Angriff zu beenden", so der Bischof. Auch auf schärfere Sanktionen gegen Russland hoffe man in der Ukraine, "denn die zur Zeit geltenden Maßnahmen verdienen diesen Namen nicht", kritisierte Szyrokoradiuk.
Höchstmöglicher Preis
Die Ukraine wolle sich "frei entwickeln, der Europäischen Union beitreten und ihren rechtmäßigen Platz unter den Ländern Europas einnehmen, denn dort gehört sie hin". Für ihren Willen, ihre sowjetische und kommunistische Vergangenheit abzulegen und sich einem freien und demokratischen Europa zuzuwenden, bezahle die Ukraine derzeit den höchstmöglichen Preis.
Die Ukraine habe keine andere Wahl, als bis zum Ende zu kämpfen und sich durchzusetzen, betonte der Bischof. Wenn manche im Westen von der Ukraine eine Kapitulation um des Friedens willen forderten, so machten es sich diese "allzu einfach". Szyrokoradiuk: "Wer so redet, dem rate ich: Kommen Sie nach Butscha, Mariupol oder Charkiw, um vor Ort zu sehen, was hier passiert. Dann werden Sie Ihre Meinung ändern."
"Es ist diabolisch"
Russland verübe eindeutig einen "Genozid", habe als Ziel die brutale Vernichtung des Volkes und die Zerstörung alles Ukrainischen. Dass die Angriffe auch auf rein zivile Einrichtungen gerichtet seien, sei reiner "Terrorismus". "Die Gewalt richtet sich genauso gegen Dörfer, in denen es keine militärischen Einrichtungen gibt, und sogar gegen kleine Kinder. Das ist furchtbar, jenseits allem Menschlichen. Es ist diabolisch", so der Bischof.
Er begrüßte zudem die erneute Initiative des Papstes zu einem weltweiten Rosenkranz für den Frieden in der Ukraine, bei dem Franziskus am Dienstagabend unter anderem mit einer ukrainischen Familie betete. Das Gebet sei für die Wiedererlangung des Friedens unabkömmlich, und dem Papst sei der Friede glaubhaft ein Anliegen, sagte Szyrokoradiuk. Dass sich die Hoffnungen der Ukraine auf einen Besuch des Kirchenoberhauptes in Kiew nicht erfüllt hätten, bedauerte er.
Verhalten äußerte sich Szyrokoradiuks zu der jüngst beschlossenen Abspaltung des von Metropolit Onufrij geleiteten ukrainischen Zweigs der russisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats von Moskau. Dies halte er für politische Taktik. Da es "zu viele weiterhin prorussische Bischöfe und Priester in den Reihen der Kirche" gebe, sei eine tatsächliche Trennung der Kirche von dem den russischen Angriff offen unterstützenden Moskauer Patriarchen Kyrill derzeit kaum realistisch.