Verbände sind gegen Steinmeier-Vorschlag für Pflichtzeit

Zwang als falscher Weg

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier stößt mit der Idee, einen Pflichtdienst für junge Menschen einzuführen, auf Kritik bei Wohlfahrts- und Jugendverbänden. Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend sieht Zwang als falschen Weg.

Kinder im Sandkasten / © Harald Oppitz (KNA)
Kinder im Sandkasten / © Harald Oppitz ( KNA )

Die Diakonie Deutschland wandte sich am Montag gegen eine Pflichtzeit. "Grundsätzlich halte ich es für richtig, mehr junge Menschen für soziales Engagement zu gewinnen", sagte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie in Berlin. Eine Pflichtzeit für junge Menschen käme aber zur Unzeit. "Sie gehören zu den Hauptleidtragenden der Pandemie und haben sich bereits sehr solidarisch gezeigt", betonte Lilie.

Freiwilligkeit entscheidend

Der Präsident des evangelischen Wohlfahrtsverbandes verwies zugleich darauf, dass die immer diversere Gesellschaft dringender denn je das Engagement vieler - nicht nur junger - Menschen für das Gemeinwohl brauche. Dabei müssten Freiwilligkeit und persönliche Überzeugung aber entscheidend bleiben.

Ulrich Lilie / © Harald Oppitz (KNA)
Ulrich Lilie / © Harald Oppitz ( KNA )

Freiwilliges Engagement sei eine wichtige Säule der Zivilgesellschaft und zentral für die Demokratie. "Besser als eine Dienstpflicht und dringend notwendig wären weitere Anreize und Rahmenbedingungen, damit eine freiwillige Entscheidung für ein soziales Engagement noch breiter möglich wird", sagte Lilie.

Steinmeier hatte in der "Bild am Sonntag" einen verpflichtenden Dienst im Sozialbereich oder bei der Bundeswehr für alle jungen Frauen und Männer angeregt. "Ich weiß, dass es nicht einfach werden wird, aber ich wünsche mir, dass wir eine Debatte über eine soziale Pflichtzeit führen", sagte der Präsident.

Wie lange ein solcher Dienst dauern solle, ließ Steinmeier offen: "Ich habe bewusst Pflichtzeit gesagt, denn es muss kein Jahr sein. (...) Es geht um die Frage, ob es unserem Land nicht gut tun würde, wenn sich Frauen und Männer für einen gewissen Zeitraum in den Dienst der Gesellschaft stellen."

BDKJ sieht Zwang als falschen Weg

Auch der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) sprach sich gegen die Einführung eines allgemeinen Pflichtdienstes oder einer sozialen Pflichtzeit für junge Menschen aus.

Gregor Podschun / © Julia Steinbrecht (KNA)
Gregor Podschun / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Ein Zwang für junge Menschen sei der falsche Weg, sagte BDKJ-Bundesvorsitzender Gregor Podschun: "Die beste Antwort auf die Frage, wie sich gesellschaftlicher Zusammenhalt in Deutschland stärken lässt, ist in den Strukturen der Freiwilligendienste zu finden." Wenn die Politik vorhandenen Dienste stärke, würde sich eine Debatte um Pflichtdienste erübrigen, erklärte der BDKJ.

Ebenso wandte sich der Paritätische Gesamtverband gegen den Steinmeier-Vorschlag. Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider nannte im Radiosender SWR Aktuell mögliche Motivationsschwierigkeiten bei jungen Leuten als einen der Gründe. "Man müsste auch Menschen rekrutieren, die überhaupt keine Lust haben und vielleicht auch ungeeignet sind. Das wollen wir nicht." Das könne beispielsweise in einem Pflegeheim den Bewohnern und Angehörigen nicht zugemutet werden.

Hinzu komme die Anzahl an Jugendlichen. "Dann müsste man 700.000 Schulabgänger jährlich in einen solchen Pflichtdienst hineinstecken." Im Moment würden etwa 90.000 junge Leute das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) absolvieren. Als Alternative schlägt Schneider vor, den Bereich Soziales verstärkt im Schulunterricht zu vermitteln. "Da gehört es hinein, wenn man will, dass alle jungen Leute soziale Erfahrungen sammeln sollen."

Steinmeier will Pflichtdienst für alle jungen Menschen

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht sich für die Einführung eines verpflichtenden Dienstes im Sozialbereich oder bei der Bundeswehr für alle jungen Frauen und Männer aus. "Ich weiß, dass es nicht einfach werden wird, aber ich wünsche mir, dass wir eine Debatte über eine soziale Pflichtzeit führen", sagte er "Bild am Sonntag".

Bundespräsident Steinmeier / © Julia Steinbrecht (KNA)
Bundespräsident Steinmeier / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA