DOMRADIO.DE: Wie war dieses erste Treffen?
Martina Patenge (Co-Autorin von "Weil Gott es so will"; Pastoralreferentin und Exerzitienleiterin im Bistum Mainz): Das war einfach wunderschön. Es war vom ersten Moment an so, als würden wir uns kennen. Wir kannten uns zwar tatsächlich, aber bisher nur aus Videokonferenzen.
Bei diesem persönlichen Treffen war ganz schnell eine große Vertrautheit da. Da wir uns vom Namen her schon kannten und uns an die Geschichten im Buch erinnerten, die wir voneinander gelesen hatten, herrschte einfach eine ganz wunderbare, warme Atmosphäre.
DOMRADIO.DE: Hatte das Treffen denn etwas von einer Selbsthilfegruppe?
Patenge: Für manche war das vielleicht so eine Wirkung. Für mich war das nicht das Ziel. Das Treffen sorgte für eine erste Ausdifferenzierung. Einerseits sind wir zwar gemeinsam mit einer gemeinsamen Idee unterwegs, aber auch mit einem gemeinsamen Schmerz, den jede auf eigene Weise erlebt hat.
Andererseits sind unsere Ziele und die Lösungsmöglichkeiten eben doch nicht so gleich. Insofern hatte es für manche sicher stark diesen Charakter einer Selbsthilfegruppe. Für andere aber eher die Planung, wie es weitergehen soll; was wir machen können und wie wir uns vernetzen können.
DOMRADIO.DE: Sie haben also auch über die Vergangenheit gesprochen, über die Diskriminierung als Frau in der Kirche?
Patenge: Wir haben mehr den Blick darauf gerichtet, was seit der Veröffentlichung des Buches passiert ist und ob es Veränderung gegeben hat: in der eigenen Befindlichkeit oder dem eigenen Wahrnehmen. Die Geschichten kamen zwar vor, aber das war nicht der Fokus des Treffens am Wochenende.
DOMRADIO.DE: Was hat sich denn getan seit der Buchveröffentlichung?
Patenge: Es war erst mal total irritierend, so viele Mitstreiterinnen und auch Mitleidende kennenzulernen, von ihnen zu lesen und Ähnlichkeiten zu entdecken. Das war sehr besonders und hat etwas ermöglicht. Man weiß jetzt: "Ich bin ja gar nicht alleine. Ich bin ja viele. Wir sind viele". Das hat viel ermöglicht, neue Kräfte hervorgerufen; hat Mut gemacht dranzubleiben und hat Mut gemacht, sich Aktionen zu überlegen.
DOMRADIO.DE: Finden Sie so eine Vernetzung der Frauen mit diesem Anliegen wichtig?
Patenge: Total wichtig. Wenn sie Einzelkämpfer sind, kriegen Sie relativ schnell die Tür vor der Nase zugeschlagen. Das ist die Erfahrung aller, die in irgendeiner Form diese Berufung gespürt haben und dann versucht haben, damit umzugehen. Deswegen hat dieses Treffen total gutgetan, um das Miteinander zu spüren. Denn wenn wir miteinander solche Wege gehen, ist es nicht mehr so einfach, uns den Mund zu verbieten.
DOMRADIO.DE: Ist es in Ihren Augen eine Möglichkeit zu einer anderen christlichen Kirche zu konvertieren, zum Beispiel zu den Altkatholiken?
Patenge: Für die Frauen, die diesen Weg wählten, ist das ihre Alternative. Das ist keine Frage. Andere Kolleginnen werden evangelisch und sind dort als Pastorin tätig. Aber viele können sich das nicht vorstellen, weil sie in der römisch-katholischen Kirche beheimatet sind.
DOMRADIO.DE: Woher nehmen Sie die Hoffnung, dass Sie es noch erleben, dass Frauen Priesterinnen in der römisch-katholischen Kirche werden können?
Patenge: Zum Beispiel aus der Energie dieser Gruppe. Wir sind international vernetzt und haben Kontakte zu amerikanischen und englischen Frauen, die schon sehr viel weiter sind als wir und sehr ermutigende Zeugnisse ablegen.
Außerdem macht uns die Politik Hoffnung. Die Politik ist natürlich eine ganz andere Lage als die Kirche, das ist mir völlig klar. Aber vor 50 Jahren hatten wir im Bundestag nur wenige Frauen; Männer haben über Frauen gelacht; wir hatten einen Bundeskanzler, der Frauenarbeit als Gedöns abgetan hat… Das könnte sich heute keiner mehr erlauben, höchstens beim Bier am Stammtisch und selbst dort hat sich was getan, hat sich was verändert.
Dafür mussten dicke, dicke Bretter gebohrt werden und es hat viel Zeit gekostet. So blicken viele auch auf die Weihe von Frauen und sagen: "Das hat ja auch funktioniert". Wir müssen hartnäckig sein, uns zusammentun, Ziele entwickeln und weitergehen.
DOMRADIO.DE: Hält Sie das in dieser Kirche, die Frauen diskriminiert und von bestimmten Ämtern ausschließt?
Patenge: Nein, das nicht. Das ist einfach Teil der Aufgabe. Was mich in dieser Kirche hält, ist, dass es die Kirche Jesu Christi ist und dass die Beziehung zu Jesus Christus die entscheidende Rolle spielt. Mit der Kirche setze ich nicht mehr die Institution gleich, sondern die Gemeinschaft der Glaubenden. Das sehe ich, wenn ich auf die Frauen schauen. Das erlebe ich, wenn ich wie an diesem Wochenende die Gemeinschaft derer spüre, die mit Jesus Christus unterwegs sind.
DOMRADIO.DE: Planen Sie sich denn regelmäßig zu treffen?
Patenge: Wir bleiben dran, wir werden uns wieder treffen, aber nicht in sechs Monaten. Wir haben ein Team gegründet, das sich mit anstehenden Fragen beschäftigt. Wir sind jetzt in der Phase zu schauen, was aus dieser Anfangsenergie wird, welche Form wir ihr geben und was wir brauchen.
Es beginnt auch ein Ausdifferenzieren. Es gibt jene, die sich eher in die Richtung Selbsthilfegruppe entwickeln; jene, die sich ganz aktiv einbringen wollen und viel unternehmen möchten und wieder andere, die sich dazwischen befinden. Das ist ein Differenzierungsprozess, der in solchen gruppendynamischen Vorgängen ganz normal ist.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.