DOMRADIO.DE: Am Samstag zwischen 14 und 19 Uhr verwandelt sich die Kölner Innenstadt in eine Missionale, ein Treffen von evangelischen, katholischen und freikirchlichen Christen, die an verschiedenen Orten in Köln diskutieren, in der Bibel lesen und Gottesdienst feiern - veranstaltet von der Evangelischen Kirche im Rheinland. Wie kann ich mir das denn vorstellen - als eine Art evangelischen Mini-Kirchentag im Rheinland?
Christoph Nötzel (Pfarrer aus Brauweiler, Leiter der Missionale 2022): Ja, genau, das ist so etwas Ähnliches wie ein Kirchentag im Kleinen, mitten in der Stadt, diesmal in und rund um den Gürzenich. Es beginnt mit Bibelarbeiten an unterschiedlichen Orten - Antoniterkirche, Antoniter-Quartier, Domforum, Trinitatiskirche und eben im Gürzenich.
DOMRADIO.DE: Drei Jahre hat die Missionale coronabedingt pausiert, wie so manch anderes auch. Davor war sie in der Köln Messe und jetzt ist sie wieder da, mit neuem Konzept. Was ist denn anders in diesem Jahr, außer, dass Sie den Ort gewechselt haben?
Nötzel: Dadurch, dass wir den Ort gewechselt haben, sind wir an verschiedenen Orten. Das Ganze findet dezentraler statt. An den unterschiedlichen Orten können wir unterschiedliche Akzente setzen, unterschiedliche Frömmigkeit ansprechen, unterschiedliche Lebenskultur in unserer vielfältigen Gesellschaft, sodass wir vielfältigere Gestaltungsmöglichkeiten haben. Und das Ganze kann etwas corona-konform stattfinden. Denn sich mit Tausenden in der Messe zu treffen, das entspricht, glaube ich, immer noch nicht dem Lebensgefühl.
DOMRADIO.DE: Und es gibt ein vielversprechendes Programm. Was empfehlen Sie, was man besuchen sollte und wo es sich lohnt, hinzugehen.
Nötzel: Interessant ist bestimmt das Gespräch mit dem Präses der rheinischen Landeskirche, Thorsten Latzel, der Auskunft darüber geben wird, warum er evangelisch ist. Interessant ist aber auch das Gespräch zwischen einer muslimischen Referendarin, einer jüdischen Jugendreferentin und evangelischen und katholischen Jugendreferenten zu der Frage: Was bedeutet mir mein Glaube und wie lebe und erlebe ich Religiosität und Spiritualität in unserer Gesellschaft?
Andere Foren laden ein zum Nachdenken über Digitalisierung oder wie sich der Glaube der Erfahrung von Zerbrechlichkeit des Lebens stellt, die wir mit der Flut, mit Corona, mit dem Krieg jetzt massiv erleben. Und durch alles hindurch zieht sich die Herausforderung, sich nicht einzuigeln in seinem Glauben, sondern rauszugehen, sich dahin zu begeben, wo die Menschen leben, sich den Fragen zu stellen, neuen Lebensformen zu stellen. Also, keine Kirche, die im Abseits lebt, sondern eben mittendrin im Leben, in der Gesellschaft, in den Fragen von heute.
DOMRADIO.DE: Also, da steckt die Mission drin. Wo sind Sie denn morgen als Veranstalter? Sie können sich ja nicht teilen und wären wahrscheinlich gerne überall.
Nötzel: Ich werde im Gürzenich sein und die Bibelarbeit und das Forum mit Präses Latzel begleiten und abends den Abendsegen mitgestalten. Weil es mir wichtig ist, in allem Mittendrin und Durcheinander die Orientierung nicht zu verlieren.
DOMRADIO.DE: Wenn man jetzt hier in Köln oder in der Umgebung wohnt und dabei sein will, muss man sich anmelden oder kann ich einfach vorbeikommen?
Nötzel: Nein, die Missionale ist einfach offen. Man kommt, geht dahin, wo man gerne hin möchte und geht wieder, wann man will. Es kostet keinen Eintritt. Von 14 bis 19 Uhr steht alles allen offen.
Das Interview führte Tobias Fricke.