Innenstadt-Pfarrer Meiering sieht sensiblere Mobilitätswahl

"Ohne Auto oft schöner und leichter"

Seine Gemeinde ist auch Fahrgemeinde. Denn gerade Menschen von außerhalb sind auf das Auto angewiesen, um zu den Gottesdiensten zu gelangen. Innerhalb der Stadt geht jedoch vieles ganz ohne Auto, sagt Domkapitular Dominik Meiering.

Kölner Innenstadtpfarrer Meiering fährt ein DOMRADIO.DE-Fahrrad / © domradio.de (DR)
Kölner Innenstadtpfarrer Meiering fährt ein DOMRADIO.DE-Fahrrad / © domradio.de ( DR )

DOMRADIO.DE: Wie kommen Sie in der Regel zum Gottesdienst oder zu anderen Terminen?

Domkapitular Dominik Meiering (Kölner Innenstadtpfarrer): Mit dem Fahrrad. Ich mache alles mit dem Fahrrad. Das ist hier in der Kölner Innenstadt die einfachste Variante. Ich wohne am Dom und habe die am weitesten gelegene Kirche in drei Kilometern Entfernung. Von daher bewege ich mich am schnellsten und dynamischsten mit dem Fahrrad. Alles andere ist in Köln sowieso eine Herausforderung.

Dominik Meiering / © Beatrice Tomasetti (DR)
Dominik Meiering / © Beatrice Tomasetti ( DR )

DOMRADIO.DE: Haben Sie überhaupt ein Auto, gar einen Dienstwagen?

Meiering: Nein, ich habe ein 'Büsschen' und damit bin ich auch ganz happy. Das ist ein Neunsitzer und damit kann man auch mal Leute mitnehmen oder Sachen transportieren. Das kann ich auch für viele Veranstaltungen der Kirchengemeinde gut gebrauchen. Aber im Alltag steht der Wagen schon die meiste Zeit und ist nicht jeden Tag in Bewegung, sondern eher einmal die Woche.

DOMRADIO.DE: Verwenden Sie viel Zeit damit zu planen, wie Sie von A nach B kommen, oder passiert das eher spontan?

Meiering: Ja, sehr spontan. Das Fahrrad ist immer erste Wahl. Deswegen haben wir als Kirchengemeinde auch zwei Lastenfahrräder. Die sind mit elektrischer Unterstützung und wenn zum Beispiel Sachen rumgefahren oder etwas Schweres abgeholt werden muss, dann ist das auch gut mit dem Lastenrad zu machen.

Dafür muss man nicht mit dem Auto fahren, denn damit hängt man in der Innenstadt natürlich überall fest: Du kannst fast nirgendwo parken; das Halten ist sowieso immer schwierig; immer mehr Bereiche in der Innenstadt werden zu Fußgängerzonen oder reinen Fahrradstraßen. Von daher ist das Lastenrad eine gute Lösung, die einigermaßen ordentlich funktioniert.

DOMRADIO.DE: Wie kommen denn die Gläubigen zum Gottesdienst?

Meiering: Das ist eine Herausforderung. Wir als Kölner Innenstadt-Gemeinde sind nicht nur eine Pfarrgemeinde der Menschen, die dort wohnen, sondern wir sind auch eine Fahrgemeinde für viele Leute, die zu unseren profilierten Gottesdienstangeboten fahren. Die Menschen kommen von sehr weit her und zum Teil auch vom Land, wo gar keine gute Anbindung besteht. Manch einer kommt deswegen tatsächlich mit dem Auto.

Mobil ohne Auto

Der Mobil ohne Auto (MoA) Tag, ist die größte bundesweite verkehrspolitische Aktion, die jährlich am dritten Sonntag im Juni stattfindet. Mit dem Aktionstag soll Werbung für das stehen lassen des Autos gemacht werden. Ebenso wird an dem Tag für eine sozial- und umweltverträgliche Mobilität demonstriert.

Symbolbild Autos, Fuhrpark / © lumen-digital (shutterstock)
Symbolbild Autos, Fuhrpark / © lumen-digital ( shutterstock )

Der hat dann aber eine andere Herausforderung, denn es gibt Kirchorte, wo es ganz schwierig ist, den Wagen abzustellen. Der Sonntagmorgen geht sogar noch, verglichen mit den Werktagen, aber trotzdem ist das eine Herausforderung.

DOMRADIO.DE: Wie viel Autofahren ist denn verträglich mit der Verantwortung für die Schöpfung, wenn man in einer Stadt wie Köln wohnt?

Meiering: Ich glaube, zum Herumfahren setzt sich keiner mehr ins Auto, sondern das hat immer ein Ziel. Es ist mehr und mehr eine Sensibilität dafür gewachsen, dass es in Städten wie Köln ohne Auto oft schöner und leichter sein kann. Außerdem besteht eine Riesenchance darin, die Schöpfung zu erhalten.

Da muss sich jeder selbst befragen. Ich halte an dieser Stelle nichts von so einem Bashing der Autofahrer. Kritisch bin ich dann gegenüber denjenigen, die große Karossen fahren, die man vielleicht gar nicht braucht. Das hat auch viel mit sozialem Status zu tun oder mit sozialem Neid. Da muss sich also jeder selbst befragen, was er tatsächlich braucht.

Es gibt, glaube ich, insgesamt einen Wechsel von "Ich habe ein tolles Auto" zu "Ich trage eine Verantwortung für meine Mobilität". Dieser Wechsel ist sehr gut, denn der trägt den Gedanken der Schöpfungsverantwortung in sich.

DOMRADIO.DE: Wie sollte sich Mobilität in ihrer Gemeinde in Zukunft gestalten?

Meiering: Was die Kölner Innenstadt betrifft, hätte ich natürlich schon ein paar Wünsche, Hoffnungen und Vorschläge. Zum Teil liegen die Vorschläge in den politischen Debatten schon auf dem Tisch.

Gerade die Nord-Süd-Fahrt in der Innenstadt ist äußerst problematisch. Wir können an diesem "Mobil ohne Auto"-Sonntag positiv erleben, wie es ist, wenn die Nord-Süd-Fahrt für den Autoverkehr gesperrt ist. Es werden viele Fahrradfahrer unterwegs sein.

Auf der anderen Seite braucht es die Nord-Süd-Fahrt. Sie ist für viele, die zur Arbeit, zum Einkaufen oder nach Hause wollen, eine tägliche Strecke. Da die Gratwanderung zu schaffen, ist eine Herausforderung.

Das Interview führte Maximilian C. Helmes.

Quelle:
DR