Papst Franziskus hat Kardinalsversammlung auf August gelegt

Rüttelt Papst Franziskus am Konklave?

Der Gesundheitszustand des Papstes bietet Anlass für Spekulationen. Nachdem die Rücktrittsgerüchte abgekühlt sind, wird weiter nach Gründen für die ungewöhnliche Kardinalsversammlung Ende August gesucht. Steckt etwas Großes dahinter?

Autor/in:
Anna Mertens
Konklave (KNA)
Konklave / ( KNA )

Gerüchte um Papst Franziskus kommen und gehen. Während zuletzt die Spekulationswelle hochschwappte, ob der 85-Jährige seinen zeitnahen Rücktritt plant, mehren sich ernstzunehmende Stimmen, die ein solches Gerücht vehement zurückweisen. Den Pontifex eingeschlossen. Und doch bleiben Fragen offen.

Warum hat der Papst die bevorstehende Kardinalsversammlung zur Ernennung neuer Purpurträger auf das letzte Augustwochenende gelegt? Und was will der Papst den Kardinälen bei dem darauffolgenden Treffen zur neuen Kurienreform erklären? Geht es nur darum, die Apostolische Konstitution "Praedicate Evangelium" einmal im Detail zu beleuchten oder steckt mehr dahinter?

Der Stuhl von Kardinal Becciu bleibt beim nächsten Konklave wohl leer / © giulio napolitano (shutterstock)
Der Stuhl von Kardinal Becciu bleibt beim nächsten Konklave wohl leer / © giulio napolitano ( shutterstock )

"Es ist kein Rücktritt"

"Da kommt etwas Großes, aber es ist kein Rücktritt", sagt ein Vatikaninsider. Doch was ist dieses "Große", auf das alle gespannt warten. Der nächste Spekulationsstein, der ins Rollen gebracht wurde, ist ein alter Bekannter. Und doch ist er bei näherem Hinsehen durchaus erwägenswert. Vielleicht wird Franziskus das Konsistorium und den Austausch mit den Kardinälen aus aller Welt dazu nutzen, um die Eminenzen auf eine Reform der nächsten Papstwahl einzustimmen.

Das hieße nicht, dass es zeitnah ein Konklave geben müsste. Aber dem Argentinier könnte es darum gehen, beim kommenden Konklave nicht alles so zu belassen, wie es ist: Eine Wahl ausschließlich unter Kardinälen unter 80 binnen weniger Tage, ohne ausreichend Zeit für ein jesuitisch-gründliches "Unterscheiden".

Das Konklave ist die Versammlung der wahlberechtigten Kardinäle zur Wahl des Bischofs von Rom und damit zur Wahl des Oberhaupts der Weltkirche. Die letzte umfangreiche Änderung der Konklave-Ordnung setzte 1996 Johannes Paul II. in Kraft. Er änderte an vielen Stellen vor allem formale Aspekte. So sorgte er dafür, dass die Papstwähler ein richtiges Bett statt der Schlafkoje bekamen, und schaffte die Krönung ab.

Wer übernimmt, wenn der Papst ausfällt?

Papst Franziskus kommt mit Gehstock zur Feier des Hochfestes der Heiligen Petrus und Paulus / © Alessandra Tarantino (dpa)
Papst Franziskus kommt mit Gehstock zur Feier des Hochfestes der Heiligen Petrus und Paulus / © Alessandra Tarantino ( dpa )

An der Zusammensetzung des Konklave änderte er nichts. Auch die Bischofssynode bezog er nicht ein, was debattiert worden war. Benedikt XVI. nahm weitere kleinere Änderungen vor, die vor allem das Zustandekommen der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit betrafen.

Bereits im vergangenen Jahr, rund um die schwere Darm-Operation von Papst Franziskus, waren die Rufe nach einer Reform des Konklave laut geworden. Damals ging es darum, kein zu langes Machtvakuum zu riskieren. So wurden Vorschläge unterbreitet, ob und wer eventuell die Geschäfte des Pontifex übernehmen könnte, wenn dieser etwa in ein Koma fiele.

Der Kirchenhistoriker Alberto Melloni schlug eine Anpassung an die Bedingungen "extremer Verwundbarkeit" im Internetzeitalter vor. So warb er dafür, die Kardinäle bereits im Vorkonklave völlig von der Außenwelt abzuschirmen. Auch sollten sie - nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Missbrauchsskandals in vielen Ländern - mehr Zeit für ausführliche Befragungen, Debatten und vor allem Bedenkzeit haben.

Franziskus machte Kardinalskollegium internationaler und jünger

Papst Franziskus mit Kardinälen / © Riccardo De Luca (shutterstock)
Papst Franziskus mit Kardinälen / © Riccardo De Luca ( shutterstock )

Der Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf hatte indes dafür plädiert, die alte Zwei-Drittel-Mehrheit für eine gültige Papstwahl in vollem Umfang wiederherzustellen. Stand heute kann ab dem 34. Wahlgang entschieden werden, dass die absolute Mehrheit reicht. Zudem sprach sich Wolf dafür aus, das Modell der Wahl "per compromissum", die "Kompromisswahl", wiedereinzuführen. Eine Sonderwahl, um eine lange Hängepartie zu vermeiden. Drei, fünf oder sieben Kardinäle würden dann den neuen Papst quasi unter sich aushandeln.

Doch all dies scheint aus heutiger Perspektive nicht den Kern einer möglichen Reform von Franziskus zu treffen. Er hat das bestehende Kardinalskollegium bereits deutlich internationaler und jünger gemacht. Doch die Zeichen stehen auf Synodalität. Die im vergangenen Herbst angestoßene Weltsynode hat zum Ziel, das Miteinander von Kurie, Welt- und Ortskirche zu verändern. Das Zuhören und vor allem das Wahrnehmen und das Einsichtsvermögen aller Gläubigen soll geschärft werden. Was das für ein geändertes Konklave bedeuten könnte, ist noch nicht klar. 

Weltsynode 2021-2024

Mit der Weltsynode hat Papst Franziskus in der katholischen Kirche etwas Neues geschaffen. Erstmals werden bei einer Synode Nicht-Bischöfe und Nicht-Priester im großen Umfang ein Stimmrecht haben, darunter auch Frauen.

Inhaltlich soll es vor allem um neue Wege der Mitwirkung der kirchlichen Basis bei wichtigen Entscheidungen in der katholischen Kirche gehen. Obwohl erstmals auch nicht geweihte Männer und Frauen ein Stimmrecht haben, handelt es sich kirchenrechtlich um eine Bischofssynode.

Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Die kommende Weltsynode im Herbst 2023 ist für Papst Franziskus ein Herzensanliegen. Immer wieder betont er, wie wichtig es sei, dass alle sich beteiligen und dass alle eingeladen seien.

Könnten sich selbst Gläubige an Papstwahl beteiligen?  

Zudem hat Franziskus das Wesen der Kurie mit seiner im März veröffentlichten Kurienreform verändert. Sie soll sich stärker als Diener der Ortskirchen verstehen, weniger als Schaltzentrale der Macht. Und sie soll offener werden für Laien. Amtszeiten sollen begrenzt und damit die Macht hoher Kirchenmänner an zahlreichen Stellen beschränkt werden.

Da scheint es durchaus denkbar, dass die Beschränkung der Macht und  Partizipation des Volkes Gottes noch weiter reichen könnte. Das würde bedeuten, dass Franziskus etwas tut, was seine Vorgänger nicht wagten.

Er könnte die Versammlung der Papstwähler öffnen, die Bischofssynode mit einbeziehen und vielleicht in der Vorwahlphase eine stärkere Beteiligung der Ortskirchen schaffen - eventuell bis hin zu den Gläubigen. Noch sind dies Spekulationen. Anfang September wird man mehr wissen.

Quelle:
KNA