Theologe hält auch radikal-pazifistische Stimmen für wichtig

"Das ist legitim"

Der evangelische Theologe und Militärethiker Hartwig von Schubert hat radikal-pazifistische Positionen in den Kirchen zum Krieg in der Ukraine verteidigt. Es sei legitim, dass sich Menschen klar gegen Waffenlieferungen aussprächen.

Eine Frau und ein Mann mit aufgemalten ukrainischen Fahnen auf ihren Gesichtern / © Matyas Rehak (shutterstock)
Eine Frau und ein Mann mit aufgemalten ukrainischen Fahnen auf ihren Gesichtern / © Matyas Rehak ( shutterstock )

Das sagte der frühere Militärdekan an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg im Interview des Deutschlandfunks (Donnerstag).

Zuletzt hatte sich etwa die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, kritisch gegenüber DOMRADIO.DE geäußert. "Ich kann mir eine evangelische Kirche - überhaupt eine christliche Kirche - schwer vorstellen ohne starke radikal-pazifistische Stimmen in ihren Reihen."

Recht zur Selbstverteidigung

Zugleich verwies der Theologe auf ein Recht zur Selbstverteidigung für die Ukraine sowie auf das christliche Gebot der Nothilfe, das dann Anwendung finde, wenn Menschen getötet oder gefoltert würden.

Ein ukrainischer Soldat  / © Vincenzo Circosta (dpa)
Ein ukrainischer Soldat / © Vincenzo Circosta ( dpa )

"Das ist eine Situation, in der der Radikal-Pazifist möglicherweise rat- und hilflos daneben steht und der christlich geprägte Soldat verhältnismäßig sein Schutzversprechen einlöst."

Aufmerksamkeit für Friedensethik wieder gestiegen

Generell sei es überfällig, dass die Aufmerksamkeit für Friedensethik wieder gestiegen sei. "Wir haben uns zu lange an den Gedanken gewöhnt, wir seien von Freunden umzingelt", sagte von Schubert.

Papst Franziskus besteigt ein Flugzeug / © Yorgos Karahalis (dpa)
Papst Franziskus besteigt ein Flugzeug / © Yorgos Karahalis ( dpa )

Es dürfe sich in keinem Fall die Ansicht durchsetzen, dass sich zwischenstaatliche Konflikte noch mit kriegerischen Mitteln lösen ließen; das sei eine "Beleidigung der menschlichen Vernunft", so von Schubert. "Wir kämpfen nicht gegen Russland, wir kämpfen gegen den Krieg."

Ausdrücklich begrüßte der Theologe die Initiative von Papst Franziskus, als Friedensvermittler nach Moskau und Kiew reisen zu wollen. "Ich würde das wunderbar finden", so von Schubert, wenn auch die Erfolgsaussichten schwer einzuschätzen seien. Es werde aber auch den Papst brauchen, um dem Vormarsch "autokratischer Geister" zu widerstehen.

Theologe: Solidarität mit Ukraine "darf legitime Grenzen haben"

Der evangelische Theologe Peter Dabrock hat Verständnis für Friedensinitiativen gezeigt, die Waffenlieferung an die Ukraine kritisieren und auf ein rasches Ende des Krieges drängen. Zwar gelte für die Ukraine das uneingeschränkte Recht der Selbstverteidigung und ihr dürften keine Vorschriften gemacht werden, wie sie sich zu verhalten habe, sagte der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrates am Dienstag im Deutschlandfunk. Doch dürfe in Deutschland die Solidarität mit der Ukraine auch "legitime Grenzen haben", betonte der Ethiker.

Über Waffenlieferungen an die Ukraine wird derzeit debattiert / © Bernd Weißbrod (dpa)
Über Waffenlieferungen an die Ukraine wird derzeit debattiert / © Bernd Weißbrod ( dpa )

 

Quelle:
KNA