Der Bundespräsident besuchte am Donnerstagabend einen ökumenischen Gedenkgottesdienst im rheinischen Euskirchen. "Wir trauern gemeinsam und vereint." In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli verloren in NRW und Rheinland-Pfalz 183 Menschen ihr Leben.
Große Verluste zu beklagen
In jener "Nacht des Grauens" seien kleine Bäche zu Ungeheuern angeschwollen, sagte das Staatsoberhaupt. "Viele von Ihnen haben alles verloren, Ihre Häuser, Ihren Besitz, Ihre Erinnerungen, Ihre Lebensträume, Ihre Existenz." Und es dauere noch Jahre, bis die furchtbaren Zerstörungen ganz beseitigt seien.
Lob für Helfer und Verwaltungen
Zugleich zeigte sich der Bundespräsident beeindruckt über das Engagement der Betroffenen sowie der freiwilligen und professionellen Helfer. Die Schäden der Flut seien sichtbar - "sichtbar ist aber auch, was Sie geleistet haben im vergangenen Jahr".
Lob zollte Steinmeier auch den kommunalen Verwaltungen. Die Mitarbeiter hätten oft nicht gewusst, "wo anfangen und wo aufhören, wenn tausend Dinge zur gleichen Zeit getan werden mussten". Dennoch hätten Betroffene das Gefühl, dass vieles zu lange dauere. Einiges sei auch nicht gut gelaufen. An die Verantwortlichen in Bund und Länder appellierte das Staatsoberhaupt, mit ihrer Unterstützung nicht nachzulassen und den Menschen unbürokratisch zu helfen.
Katastrophenschutz optimieren
Das ganze Land muss laut Steinmeier eine Antwort darauf finden, wie der Katastrophenschutz zu verbessern ist. Das reiche aber nicht aus.
Extreme Wetterlagen wie die Hitze in Italien seien Folgen des globalen Klimawandels, der verstärkt zu bekämpfen sei.
NRW-Ministerpräsident Wüst dankte Einsatzkräften
Ähnlich äußerte sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). "Der Schutz unseres Klimas und die Bewahrung der Schöpfung sind die größten Aufgaben unserer Zeit." Der Verlust geliebter Menschen sei das Schlimmste, was die Hochwasserkatastrophe angerichtet habe.
Wüst dankte den Feuerwehrleuten, Sanitätsdiensten, Hilfsorganisationen, Polizei und Bundeswehr, ohne die noch mehr Menschen ihr Leben verloren hätten. Die Solidarität der Helfenden habe großen Anteil daran, dass bei den Betroffenen wieder Hoffnung aufkeime. "Aber der Wiederaufbau kostet Kraft und ist auch mit Rückschlägen verbunden", so Wüst. Und nicht alles lasse sich wieder eins zu eins aufbauen wie zuvor. "Vorsorge und Schutz müssen im Mittelpunkt stehen."
Latzel rief in Predigt zu weiterer Solidarität auf
Der rheinische evangelische Präses Thorsten Latzel erinnerte in seiner Predigt an die 183 Todesopfer. Zugleich forderte er laut Redemanuskript unbürokratische Hilfen für die Menschen, die unter den Zerstörungen der Flut leiden. Viele Betroffene in Rheinland-Pfalz und NRW warteten immer noch auf Genehmigungen und Gelder.
Nach den Worten des Präses können Außenstehende nur schwer begreifen, was es bedeutet, "wenn plötzlich alle Erinnerungsfotos, Lieblingsbücher, Kleider, Möbel im stinkenden Schlamm stecken und einem nichts bleibt als das, was man auf dem Leib trägt". Betroffenen müsse zugehört werden. "Wir brauchen eine Gemeinschaft, in der wir einander beistehen - ob in Gummistiefeln, am Gartenzaun oder indem wir anderen die Sorge vor dem kommenden Winter nehmen", sagte er.
Generalvikar Assmann vertrat Kardinal Woelki
Latzel dankte in der Kirche Herz Jesu, die auch vom Hochwasser betroffen war, für "eine immense Spenden- und Hilfsbereitschaft". Die Helferinnen und Helfer hätten sich oft bis zur Erschöpfung eingesetzt. "Ich habe nicht geweint, als das Wasser kam. Ich habe erst geweint, als die Hilfe kam", zitierte der Präses eine Betroffene.
Zu dem Gottesdienst hat sich auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) angekündigt. Für die katholische Kirche nahm der Kölner Generalvikar Guido Assmann in Vertretung von Kardinal Rainer Maria Woelki teil. Die Feier wurde von Betroffenen, Helferinnen und Helfern und dem Bläserensemble des Heeresmusikkorps Kassel mitgestaltet.