Der frühere Vorsitzende der kanadischen Wahrheits- und Versöhnungskommission (Truth and Reconcilitation Commission, TRC) hält die Entschuldigung des Papstes an die Indigenen des Landes für unzureichend. Franziskus habe die "führende Rolle" der katholischen Kirche bei der Zwangsassimilierung indigener Kinder "nicht anerkannt", schreibt Murray Sinclair in einer Erklärung (Dienstag Ortszeit).
Kirche als Ganzes verantwortlich
Die Worte des Papstes lägen weit hinter den Forderungen der Wahrheits- und Versöhnungskommission zurück, wie sie in Kapitel 58 des Abschlussberichts 2015 formuliert worden seien. Sinclair, ein ehemaliger Richter, verurteilt vor allem ein Ausklammern der institutionellen Verantwortung der Kirche in der Entschuldigungsbitte. Für die Leiden der etwa 150.000 betroffenen Kinder seien nicht einige Wenige, sondern die Kirche als Ganzes verantwortlich.
Sinclair betont, die Kirche sei beim Internatssystem für Indigene "nicht nur ein Agent des Staates" gewesen. Sie habe die Regierungen im vergangenen Jahrhundert sogar gedrängt, die Assimilierung voranzutreiben und damit einen "kulturellen Völkermord" begangen. Die Kirche habe nicht nur mit dem Staat zusammengearbeitet, sondern ihn "angestiftet".
Auch der ehemalige Abgeordnete und Angehörige des Cree-Stammes, Romeo Saganash, kritisierte, die Franziskus-Entschuldigung sei hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Die Worte des Papstes habe vermutlich "eine ganze Armee von Anwälten" bearbeitet, um sicherzustellen, "dass er haftungsfrei bleibt, oder zumindest die Kirche".