Man erwartet von den israelischen Behörden auch "ernsthafte Disziplinarmaßnahmen gegen die Straftäter", heißt es in einer Stellungnahme der Kirche von Donnerstagnachmittag.
"Obwohl es keine Rechtfertigung für dieses schockierende Eindringen in kirchliche Räumlichkeiten gibt, rechtfertigten die israelischen Streitkräfte diese harte Behandlung erst später als eine Razzia bei Al-Hak." Bei Al-Hak handele es sich um eine der bekanntesten Menschenrechtsgruppen im Westjordanland, an die die Kirche ein Büro mit einem separaten Eingang vermietet habe.
Verletzung internationalen Rechts
Der Übergriff auf die Kirche sowie die Zerstörung von Kircheneigentum seien "zugleich eine Verletzung internationalen Rechts und ein terroristischer Akt gegen die gesamte Gemeinschaft", so das Bistum weiter. Es betrachtet die Angriffe auf das Gelände der Andreaskirche als Angriff auf das Recht auf freie Religionsausübung als etablierte und offiziell anerkannte christliche Kirche.
Der palästinensische Ministerpräsident Mohammed Schtajjeh kritisierte das israelische Vorgehen ebenfalls. "Was wir heute gesehen haben, ist nicht nur ein Angriff auf Institutionen, sondern auch ein Angriff auf die Kirche", sagte er bei einer Pressekonferenz in Ramallah. Es zeige, dass die Besatzungsmacht Israel keine roten Linien kenne, weder gegenüber offiziellen, zivilen noch religiösen Institutionen.
Wie der Rektor der anglikanischen Andreaskirche in Ramallah, Fadi Diab, gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) erklärte, war die israelische Armee gegen drei Uhr am Donnerstagmorgen auf das Kirchengelände eingedrungen und hatte dabei die Eingangstür des Kirchenkomplexes zerstört. Ziel der Razzia waren nach Angaben von Diab die Büros von Al-Hak, die sich auf dem Gelände eingemietet hat.
Dabei habe die Armee nicht den separaten Eingang der Organisation, sondern den zentralen Zugang des Kirchenkomplexes gewählt. Die Soldaten besetzten demnach das Gelände während zwei Stunden und drangen unter anderem in das Kirchengebäude und den Gemeindesaal ein.
Büros von mehreren palästinensischen NGOs durchsucht
Israel hatte laut örtlichen Medienberichten am Donnerstagmorgen die Büros von mehreren palästinensischen Nichtregierungsorganisationen durchsucht. Zuvor hatte der israelische Verteidigungsminister Benny Gantz die im Oktober 2021 von Israel beschlossene Einstufung der NGOs als terroristische Vereinigungen bestätigt.
Die Organisationen fungierten als "Ableger der Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP)" und arbeiteten "unter dem Deckmantel, humanitäre Aktivitäten durchzuführen, um die Ziele der PFLP-Terrororganisation zu fördern", hieß es in einer vom israelischen Regierungspressebüro (GPO) am Mittwochabend verbreiteten Mitteilung.
Den Organisationen wird darin vorgeworfen, der PFLP bei der Beschaffung von Geldern "durch eine Vielzahl von Methoden, darunter Fälschungen und Betrug", zu helfen.
Angesichts der israelischen Bestrebungen, die Organisationen zu schließen, hatten Deutschland und acht weitere europäische Länder im Juli erklärt, man werde an der Zusammenarbeit mit den betroffenen Organisationen festhalten, solange Israel keine Beweise vorlege, die eine Einstufung als Terrororganisationen rechtfertige. Eine freie und starke Zivilgesellschaft sei für die Förderung demokratischer Werte und für die Zwei-Staaten-Lösung unerlässlich, hieß es in der gemeinsamen Erklärung.