Interkulturelles Projekt von Don Bosco

Beethoven meets Breakdance

Wie geht Beethovens Schicksalssinfonie mit modernen Beats und Breakdance zusammen? Jugendliche aus Deutschland und Kolumbien zeigen es beim Beethoven-Fest in Bonn.

Autor/in:
Ina Rottscheidt
Das Projekt Beethoven Mooves! / © Ina Rottscheidt (DR)
Das Projekt Beethoven Mooves! / © Ina Rottscheidt ( DR )

Erika wusste schon als kleines Mädchen, wie man mit Waffen umgeht: Sie wuchs in Kolumbien auf, wo in den vergangenen Jahrzehnten ein blutiger Bürgerkrieg wütete. Ihre Familie gehörte einer der bewaffneten Gruppen an, Gewalt war für Erika Alltag. "Ich wurde auf Patrouille ins Dorf geschickt", erzählt sie. Erika ist eine ehemalige Kindersoldatin.

Erika nimmt am Projekt Beethoven Moves! teil / © Ina Rottscheidt (DR)
Erika nimmt am Projekt Beethoven Moves! teil / © Ina Rottscheidt ( DR )

Es war ihre Cousine, die sie da rausholte: Mit Hilfe des Jugendamtes konnte Erika ihre Heimatstadt verlassen und kam schließlich nach Medellín in die "Ciudad Don Bosco", eine Einrichtung der Salesianer, die sich dort seit über 50 Jahren um Kinder und Jugendliche kümmern: Viele haben auf der Straße gelebt oder wurden als Kindersoldaten in den Bürgerkrieg geschickt. Sie sind inmitten von Sucht, Arbeitslosigkeit, Armut und Gewalt aufgewachsen.

Chance auf ein neues Leben

In der Ciudad Don Bosco finden sie ein neues Zuhause, Bildung, Zuwendung und Leben jenseits von Gewalt und Armut. Rund 300 Kinder und Jugendliche leben im Internat, weitere 500 gehen dort täglich zur Schule oder machen eine berufliche Ausbildung. Neben dem Unterricht finden regelmäßig Musik-, Tanz- und Kunst-Workshops statt: "So haben sie die Möglichkeit, ihre verborgenen Talente zu entdecken", erklärt der Salesianerpater Simón Martínez: "Durch die Kunst können sie sich ausdrücken. Sie lernen Disziplin und erfahren, dass es sich lohnt, für ein Ziel zu kämpfen." Das Freizeitangebot mündete in dem Projekt "Beethoven Moves!", bei dem die Jugendlichen mit Tanz, Musik und Rap Beethovens 5. Sinfonie neu interpretieren und ihre eigene Geschichte erzählen.

Die Idee dazu hatte die Kulturmanagerin Rita Baus, die fast 20 Jahre das Pantheon Theater in Bonn geleitet hat: Die Don Bosco Mission in Bonn hatte sie 2018 gefragt, wie man die Pädagogik des Sozialwerkes mit Kultur verbinden könnte: "Und ich habe mir überlegt, was junge Menschen weltweit verbindet", erinnert sie sich. Ihr fiel die urbane Straßenkultur ein: "Breakdance, Graffiti und HipHop. Alles, was man auf der Straße ohne Geld machen kann!"

Corona bremste das Projekt

Bonn bereitete sich zu diesem Zeitpunkt bereits auf das Jubiläumsjahr 2020 vor, den 250. Geburtstag von Ludwig van Beethoven – so kam ihr die Idee, seine Musik aufzugreifen und mit moderner Straßenkultur zu verbinden. Rita Baus holte das Beethoven-Orchester und Generalmusikdirektor Dirk Kaftan mit ins Boot. Höhepunkt sollte ein deutsch-kolumbianisches Jugendcamp mit abschließender Aufführung beim Beethoven-Fest im Herbst 2020 werden.

Doch dann kam Corona und alles musste auf zunächst unbestimmte Zeit verschoben werden, der Frust bei der Gruppe war groß: "Das war sehr enttäuschend", erinnert sich die 22-jährige Tänzerin Luisa, "denn wir hatten zwei Jahre lang so hart trainiert."

Dass jetzt nach vier Jahren die Jugendlichen endlich in Deutschland sind und am 9. und 10. September 2022 zusammen mit einer deutschen Gruppe "Beethoven Moves!" aufführen, ist für alle eine Erleichterung. Auch für den Geschäftsführer der Don Bosco Mission in Bonn Nelson Penedo: "Wir haben gehofft und gebetet, aber eigentlich war es total unrealistisch", sagt er: Eine Institution wie das Beethoven-Orchester sei in der Regel total ausgebucht. "Darum bin ich sehr dankbar, dass wir das trotzdem hingekriegt haben!"

Für die 18-köpfige Künstler-Gruppe aus Medellín ist es das Abenteuer ihres Lebens: Dass sie jemals mit einem Flugzeug fliegen, nach Deutschland reisen und als Musiker und Tänzerinnen auf einer Bühne deutschem Publikum stehen würden, hätte sich keiner von ihnen früher vorgestellt. "Aber wenn man an etwas glaubt und sich anstrengt", sagt die ehemalige Kindersoldatin Erika, "dann können Träume wahr werden!"

Information der Redaktion: Karten und Programm finden Sie hier.

Quelle:
DR