Der Ökumene-Beauftragte des Vatikan, Kurienkardinal Kurt Koch, beschreibt eine Weiterentwicklung der Glaubenslehre als Rückbesinnung auf das Ursprüngliche. Eine Weiterentwicklung der Lehre des Glaubens müsse sich "an der verbindlichen Offenbarung orientieren und in die jeweilige Zeit hinein neu so ausgelegt werden, dass sie von den Menschen empfangen und verstanden werden kann", sagte Kurienkardinal Koch beim diesjährigen Treffen der Schülerkreise Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. in Rom.
Das bedeute nicht, dass der Glaube in "origineller Weise neu erfunden und ein neuer Glaube verkündet würde".
Kardinal Koch: Werk Benedikts XVI. wegweisend
Koch ging in seinen Ansprachen auf die Auslegungen Benedikts XVI. zum Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) ein. Dieser lehne die Vorstellung ab, dass das Konzil für "Diskontinuität und Bruch" stehe.
Stattdessen sehe er ein Reformkonzil, das in die Tradition hinein und zugleich für die Gegenwart und die Zukunft des Glaubens offen gewesen sei. Für Benedikt XVI. sei daher eine Entwicklung der Lehre möglich und theologisch verantwortbar, wenn sie wirklich "Entwicklung in Kontinuität und nicht Veränderung im Bruch" sei.
Weiter wertete Koch das Werk von Benedikt XVI. als einen "reichen und kostbaren Schatz", der helfe, bedeutsame Fragen der heutigen Zeit und wichtige Herausforderungen der Kirche zu beleuchten und tragfähige und weiterführende Antworten ausfindig machen zu können.
Koch überbrachte aber Grüße Benedikts XVI; er freue sich sehr über das Symposium. - Das diesjährige Treffen stand unter dem Thema "Verbindliche Wahrheiten und Weiterentwicklung der Lehre der Kirche". Hauptredner war der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer.
Bischof Voderholzer beklagt "Flut an Forderungen" an Kirche
Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer beklagt eine "Flut an Forderungen" für eine Weiterentwicklung der katholischen Glaubenslehre. Immer häufiger werde einem entgegenhalten, auch im Zusammenhang des Reformprojekts Synodaler Weg in Deutschland, warum die Kirche nicht endlich gewisse Glaubenssätze ändern könne, da es doch bereits zahlreiche Veränderungen über die Jahrhunderte gegeben habe, sagte der Bischof.
Seine Ablehnung dieser Argumentation begründete Voderholzer mit der Kontinuität und Identität der Lehre. So sehe sich die Kirche etwa bei der Lehre vom Bischofs- und Priesteramt an die Praxis Jesu und der Apostel gebunden. Die Forderung nach einem Zugang von Frauen zu allen Weihestufen sei "keine Fortentwicklung der Lehre", so Voderholzer.
Eine offenbarungsfreie, haltlose Theologie, in der der Schriftbezug allenfalls "garnierende Zutat" sei, könne nicht das Ziel sein. Es habe aber immer Lehrentwicklungen gegeben und werde sie auch weiter geben. Das aber ausgerechnet die Forderungen einer schrumpfenden Kirche wie in Deutschland maßgeblich seien sollten, mute doch merkwürdig an.
Der Regensburger Bischof hat sich immer wieder kritisch über den Synodalen Weg in Deutschland geäußert. Bei der Reformdebatte prallen aus seiner Sicht zwei theologische Denkrichtungen aufeinander. Positiv bewertete er indes das Schreiben des Vatikan zum Synodalen Weg. Darin hatte der Heilige Stuhl ermahnt, das katholische Reformprojekt in Deutschland sei "nicht befugt", Bischöfe und Gläubige "zur Annahme neuer Formen der Leitung und neuer Ausrichtungen der Lehre und der Moral zu verpflichten".
Treffen fand ohne Erzbischof Gänswein statt
Die Schülerkreise Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. bestehen aus ehemaligen Schülern Ratzingers aus seiner Zeit als Hochschullehrer (sogenannter alter Schülerkreis) und solchen Theologen und Philosophen, die sich in ihrer Arbeit schwerpunktmäßig mit ihm als Theologen und später als Kardinal und Papst befasst haben (neuer Schülerkreis). Beide Kreise treffen sich jährlich zu einem Austausch in Rom.
Das Treffen fand in diesem Jahr ohne Benedikts Sekretär, Erzbischof Georg Gänswein, statt. Auch ein Besuch aller Teilnehmer beim emeritierten Papst war nicht möglich, da es für ihn "schlichtweg zu anstrengend" gewesen wäre, so Gänswein.