Marseille feiert seinen neuen Kardinal

"Man wird schnell zur Zielscheibe"

Frankreichs zweitgrößte Stadt Marseille hat am Sonntag ihren neu ernannten Kardinal, Erzbischof Jean-Marc Aveline, öffentlich empfangen. Am Nachmittag feierte der 63-Jährige mit mehreren Tausend Gästen einen Gottesdienst.

Kardinal Jean-Marc Noel Aveline / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Kardinal Jean-Marc Noel Aveline / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

In der Kathedrale La Major war auch der Bürgermeister der Hafenstadt am Mittelmeer, Benoit Payan, zu Gast, wie örtliche Medien berichteten.

Aveline war Ende August von Papst Franziskus zum Kardinal ernannt worden. Er ist der derzeit einzige von sechs französischen Kardinälen, der eine Diözese leitet. Der in Algerien geborene Geistliche hat seine ganze Kindheit und Jugend in Marseille verbracht und ist auch Priester der Erzdiözese.

Führung wird immer schwieriger

Zuletzt hatte Aveline eingeräumt, dass "Regierungsführung, ob in Kirche, Politik oder Wirtschaft, immer schwieriger wird". Heute würden jene, die Autorität ausüben, "sehr schnell als Zielscheibe betrachtet", so der Kardinal; und in der Kirche würden Probleme "vielleicht noch durch die sakramentale Dimension des Amtes verstärkt".

 Kardinal Jean Marc Aveline / © Andrew Medichini/AP (dpa)
Kardinal Jean Marc Aveline / © Andrew Medichini/AP ( dpa )

Besorgt äußerte sich Aveline über Brüche in der französischen Gesellschaft. Es sei inzwischen schwierig geworden, ohne Beschimpfungen zu debattieren. Die vielen Stimmenthaltungen bei den jüngsten Wahlen zeugten von mangelndem Vertrauen in die Politik und ihre Akteure. Frankreich brauche aber Engagement und Hoffnung, so der Kardinal.

Das Land habe "zu große Zweifel an sich selbst"; an dem, womit es "in seiner langen Geschichte an Reichtümern beschenkt" worden sei und was anderen nützlich sein könnte. Dadurch, so Aveline, fehle "im aktuellen Konzert der Nationen der Ton Frankreichs, weil es sich seiner selbst nicht sicher genug ist".

Kirche in Frankreich

Die katholische Kirche in Frankreich zählt zu den traditionsreichsten und geistesgeschichtlich wichtigsten in Europa. Marksteine ihrer reichen Geschichte sind etwa für das christliche Mittelalter die Taufe von Frankenkönig Chlodwig, die Reichskirche Karls des Großen ("Charlemagne"), die großen Ordensbewegungen und das "Zeitalter der Kathedralen"; weiter die Religionskriege des 16./17. Jahrhunderts, die nationalkirchliche Strömung des "Gallikanismus", die Aufklärung und die Französische Revolution. Zu Frankreichs Kulturerbe gehören ungezählte Klöster und Kathedralen von Weltrang.

Französische Fahne / © Rick Hawkins (shutterstock)
Quelle:
KNA