DOMRADIO.DE: Sie leben mit mehreren 100 deutschen und internationalen Militärangehörigen in einem Camp im Osten von Mali. Wie gefährlich ist es dort für Sie?
Marius Merkelbach (Militärseelsorger): Für mich persönlich ist es relativ ungefährlich. Wie die meisten Soldaten lebe ich geschützt im Camp Castor in Gao. Das Lager ist rundum gesichert. Die UN-Mission steht auch nicht im direkten Fokus der Rebellen oder der Aufständischen.
DOMRADIO.DE: Sie selbst waren schon in Afghanistan, im Irak und in Litauen. Wie bereiten Sie sich auf solche Einsätze vor?
Merkelbach: Es gibt eine generelle Vorbereitung, zum Beispiel auf die Lebensbedingungen, die Gesundheitsvorsorge, die klimatischen Bedingungen und die politische Lage. Wenn man schon in verschiedenen Einsätzen gewesen ist weiß man, was einen ungefähr erwartet.
DOMRADIO.DE: Sie sind für die Soldatinnen und Soldaten ein wichtiger Ansprechpartner. Was sind die Sorgen und Nöte der Menschen, die zu Ihnen kommen?
Merkelbach: Die wichtigsten Probleme, mit denen Soldaten zum Militärpfarrer oder zum Militärpsychologen gehen, betreffen den privaten Bereich. Probleme durch die lange Abwesenheitszeit. Das Thema Heimweh, oder auch Kinder, die man zu Hause gelassen hast. Die Frage, wie man den Alltag regelt, wenn man als Partnerin oder Partner zu Hause allein geblieben ist.
In jedem Einsatz gehen auch Partnerschaften auseinander und die Soldaten versuchen, damit fertig zu werden.
Es gibt aber auch interne Probleme in den einzelnen Einheiten. Je länger so ein Einsatz dauert, fällt vielen dann irgendwann die Decke auf den Kopf. Normale Probleme können dann immer dramatischer werden und dazu führen, dass man einfach nach Hause fahren möchte.
DOMRADIO.DE: Kommt man in so einem Krisenland wie Mali überhaupt zur Ruhe und kann die Gedanken auch auf schöne Themen lenken?
Merkelbach: Hier im Camp gibt es Orte, an denen man ein bisschen Ruhe hat für sich. Zum einen natürlich das Martinszelt. Das ist ein Gottesdienstraum, in den ein Soldat sich ein wenig zurückziehen kann. Viele regeln das auch über ihren Sport, dass sie dort einfach mal für sich sind. Es gibt ein Unterhaltungsprogramm, das auch zur Seelsorge gehört. Wir versuchen, innerhalb der Woche für Zerstreuung zu sorgen und die Soldaten auf andere Gedanken zu bringen. Ein ganz wichtiger Punkt sind natürlich die Gottesdienste, die die Soldaten erden und ein Gefühl von Normalität geben sollen.
Das Interview führte Tobias Fricke.