Die Kirchenmusik in Deutschland ist längst ökumenisch, ein evangelischer Bachchor singt ohne Zögern das lateinische Ave Maria von Anton Bruckner, während katholische Chöre schon lange Werke von Bach, Schütz oder auch Mendelssohn Bartholdy aufführen.
Famiienkrach wegen Konfessionswechsel
Doch zu Lebzeiten von Johann Sebastian Bach war das noch etwas anders – natürlich gab es den kollegialen Austausch zwischen den Konfessionen, doch ein Wechsel von evangelisch zu katholisch war ungewöhnlich. Und im Hause Bach führte das im Fall von Johann Christian Bach zu einem handfesten Familienkrach.
Vier Söhne von Johann Sebastian Bach wurden berühmte Virtuosen und Komponisten, die zeitweise sogar den Vater an Ruhm überstrahlten: Wilhelm Friedemann, Carl Philipp Emanuel, Johann Christoph Friedrich und besagter Johann Christian. Der hatte als sogenannter Mailänder oder später Londoner Bach großen Einfluss auf die Wiener Klassik, besonders auf den jungen Mozart.
Katholisch werden für den Job?
Ausgebildet vom Vater, reiste er früh nach Italien, lernte dort ausgiebig die katholische Kirchenmusik kennen, feierte Erfolge als Opernkomponist und wurde schließlich zweiter Domorganist am Mailänder Dom. Der Haken daran: für diese Stelle musste er katholisch werden – was er auch wurde. Das nahm ihm vor allem sein ebenfalls berühmter Bruder Carl Philipp Emanuel sehr übel und redete nur noch schlecht über ihn.
Später zog Johann Christian nach London weiter und traf dort den jungen Mozart – diese Begegnung beeindruckte beide und prägte ihr freundschaftliches Verhältnis. Insgesamt hatten die Bach-Söhne erheblichen Einfluss auf die Entstehung und Entwicklung der Wiener Klassik, aber vor allem Johann Christian hinterließ künstlerisch und musikalisch eine große Wirkung auf Mozart.
Bach als katholischer Kirchenkomponist
Auch wenn Bachs Konfessionswechsel Ärger mit der Familie bedeutete, hinterließ er durch die Beschäftigung mit der katholischen Kirchenmusik faszinierende Werke, von denen in der Sendung "Musica" am Sonntagabend ab 20 Uhr die Missa da Requiem, also die katholische Totenmesse erklingt.
Johann Christian Bachs Stil ist dabei faszinierend. Man hört den Vater, aber mehr noch die neue Zeit der Vorklassik heraus und den italienischen Einfluss. Meisterhaft geht er mit dem lateinischen Text um, der sich um Tod, Gericht und Hoffnung auf die Auferstehung dreht. Echowirkungen innerhalb des Chores, Fugen, ausdrucksstarke Arien – Bach zieht bei dem Werk alle musikalischen Register und zeigte damit im Alter von nur 22 Jahren seine Meisterschaft als Komponist. Besetzt ist das Werk für Solisten, Chor und Orchester.
(Wiederholung der Sendung vom 25. Oktober 2020)