Behörden in Minsk sperren offenbar auch Pfarrhaus

Wasser und Strom abgestellt

Nach der Zwangsschließung einer bedeutenden katholischen Kirche in Minsk verhindern die Behörden in Belarus jetzt offenbar auch Gottesdienste im benachbarten Pfarrhaus. Zuvor war bereits die sogenannte Roten Kirche geschlossen worden.

Blick auf die katholische Kirche St. Simon und Helena, die Rote Kirche / © Sviatlana Zyhmantovic (shutterstock)
Blick auf die katholische Kirche St. Simon und Helena, die Rote Kirche / © Sviatlana Zyhmantovic ( shutterstock )

Laut der Organisation "Christian Vision for Belarus" (Freitag) stellten die belarussischen Behörden Wasser und Strom für das Pfarrhaus ab und forderten die Pfarrei auf, es ebenfalls zu räumen und die Schlüssel an den Eigentümer, die Behörde "Minsker Erbe", zurückzugeben. Der Priester der Pfarrei Sankt Simon und Sankt Helena, Wladislaw Sawalnjuk (73), dringt seit Wochen auf eine schnelle Wiedereröffnung der sogenannten Roten Kirche am Unabhängigkeitsplatz. Der Sakralbau neben dem Hauptgebäude der Regierung gehört zu den Wahrzeichen Minsks.

Gespräche mit dem Regierungsbeauftragten

Unterdessen führten der Papstbotschafter in Belarus, Erzbischof Ante Jozic, und der Minsker Erzbischof Iossif Staneuski am Freitag Gespräche mit dem Regierungsbeauftragten für Religion und Nationalitäten, Alexander Rumak, und dem Chef von "Minsker Erbe", Alexander Kohan. Nach Angaben des Erzbistums erklärte Kohan dabei, es seien wegen eines Brandes in der Kirche umfangreiche Reparaturen notwendig, um ähnliche Vorfälle in Zukunft zu verhindern. Die Pfarrei könne das Gotteshaus daher nicht nutzen. Der zuständige Regierungsbeauftragte Rumak habe aber versichert, dass "dies eine Kirche ist und bleiben wird".

"Christian Vision for Belarus" verurteilt die Schließung der Kirche und des Pfarrhauses durch das autoritäre Regime des Landes als gezielte Unterdrückung der Kirche. Pfarrer Sawalnjuk geht davon aus, dass Unbekannte das Feuer in seiner Kirche in der Nacht vom 25. zum 26. September verursacht haben. Ein Defekt einer Stromleitung soll den Brand ausgelöst haben, der im Innenraum des Gotteshauses auf 20 Quadratmetern Schäden anrichtete.

Erzbistum vermeidet Kritik an Behörden

Das Erzbistum vermied jedoch Kritik an den Behörden und wünschte sich am Ende des Treffens nach eigenen Angaben, "die Zusammenarbeit fortzusetzen". Erzbischof Staneuski bat darum, der Pfarrei einen Ersatzraum zuzuweisen, in dem sie vorübergehend Messen feiern könne. Zudem verlangte er, einen Kirchenvertreter in die Kommission aufzunehmen, die die Brandschäden untersucht und die Instandsetzungsarbeiten beaufsichtigt. Rund zehn Prozent der Belarussen sind katholisch.

Bei Massenprotesten gegen Lukaschenko im Sommer 2020 hatten Demonstranten in der Roten Kirche Schutz vor brutalen Einsatzkräften der Polizei gesucht. Viele von ihnen wurden dennoch festgenommen. Wegen der Farbe seiner Backsteinfassade wird das Gotteshaus Rote Kirche genannt.

Das Lukaschenko-Regime schikaniert die katholische Kirche in dem Land seit langem. 2020 untersagte es Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz vier Monate lang die Rückkehr aus Polen in sein Heimatland. Hintergrund war Kondrusiewiczs Kritik an Polizeigewalt gegen friedliche Demonstranten, die gegen eine Fälschung der Präsidentenwahl vom August 2020 durch das Minsker Regime protestierten. Wenige Tage nach der Rückkehr des Erzbischofs nach Minsk Ende Dezember 2020 nahm Papst Franziskus dessen Rücktritt an, den Kondrusiewicz zu seinem 75. Geburtstag angeboten hatte, wie es das Kirchenrecht vorsieht.

Katholische Kirche in Belarus

Die römisch-katholische Kirche hat in Belarus (Weißrussland) seit dem Ende der Sowjetunion 1991 einen starken Aufschwung erlebt. Die Zahl der Pfarreien vervierfachte sich auf rund 500; mehr als 1 Million der 9,4 Millionen Einwohner sind nach Kirchenangaben katholisch. Ein relativ großer Teil von ihnen gehört der polnischen Minderheit an, besonders im Westen von Belarus.

Kreuze im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus / © Kasia Strek (KNA)
Kreuze im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus / © Kasia Strek ( KNA )
Quelle:
KNA