Mehr ging nicht. Weil die Christen in den ersten Jahrhunderten immer mehr Märtyrer und Heilige verehrten, war es schon bald unmöglich, jeden einzelnen an einem bestimmten Tag im Jahr zu feiern. Deshalb begann die östliche Kirche schon Anfang des 4. Jahrhunderts, Allerheiligenfeste zu feiern, um aller Menschen zu gedenken, die nach ihrer Auffassung bereits in Gemeinschaft mit Gott leben. In der westlichen Kirche legte Papst Gregor IV. im Jahr 835 Allerheiligen auf den 1. November.
Daneben aber bildete sich seit dem Mittelalter ein fester Heiligenkalender heraus, der an jedem Tag des Jahres ausdrücklich auf mehrere Heilige hinweist: der heilige Josef am 19. März, Peter und Paul am 29. Juni, Jakobus am 25. Juli, Martin am 11. November oder Stephanus am 26. Dezember.
Heiligenkalender spielte im Familienleben eine große Rolle
Ebenso wie die großen kirchlichen Themen-Feste - Ostern, Pfingsten, Himmelfahrt oder Weihnachten – gliederten die Heiligenfeste fortan das Jahr: Am Martinstag oder an Mariä Lichtmess am 2. Februar erhielten Knechte und Mägde den Jahreslohn. Heiligenfeste markierten den Start oder das Ende der Feldarbeit. Sie verbanden sich mit Wetterphänomenen: Die Eisheiligen im Mai und die Siebenschläfer im Juni gelten noch heute als halbwegs verlässliche Wetterpropheten.
Auch im Familienleben spielte der Heiligenkalender eine große Rolle – zumindest bei Katholiken. "Bei uns wurde immer Namenstag gefeiert", berichtete der Gründer der Hilfsorganisation Cap Anamur, Rupert Neudeck, in seinen Erinnerungen. Und zitierte den Spruch seiner Mutter: "Geburtstag hat jede Kuh."
Namenstag in katholischen Regionen wichtiger als Geburtstag
In vielen katholischen Regionen war der Namenstag wichtiger als der Geburtstag. Kinder wurden der Fürsorge des Heiligen empfohlen, der ihr Namenspatron war. Mittlerweile haben die Geburtstage allerdings die Namenstage an Bedeutung weit überholt - obwohl manche Tageszeitung und auch der Blumenhandel weiterhin an die wichtigsten Namenspatrone erinnern.
Parallel oder in Konkurrenz zum kirchlichen Jahreskalender haben auch Staaten Festtagskalender entwickelt, um das Jahr zu gliedern und Identifikation zu schaffen. Besonders aktiv waren die Nationalsozialisten, die schon bald nach der Machtergreifung den 1. Mai und das Erntedankfest als Feiertage umgestalteten. Dazu kamen dann Feiertage wie der "Tag der Machtergreifung", "Führers Geburtstag" oder der in Erinnerung an den Hitlerputsch von 1923 ausgestaltete "Gedenktag für die Bewegung" am 9. November.
Wenige politische Feiertage in der Bundesrepublik
Die Bundesrepublik ist demgegenüber mit eigenen, politisch begründeten Feiertagen sehr zurückhaltend. Lediglich der 3. Oktober als Nationalfeiertag liegt in der Kompetenz des Bundes. Der Volkstrauertag ist nur ein "staatlicher Gedenktag". Er erinnert jeweils zwei Sonntage vor dem 1. Advent an die Kriegstoten und Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen. Sonstige allgemeine Feiertage sind – wie der Pfingstmontag, Himmelfahrt, der Buß- und Bettag oder der Reformationstag – kirchlich geprägt.
Eine wahre Inflation der Gedenktage im Jahreslauf gibt es mittlerweile bei der UNO: Ihre Zahl ist auf mehr als 120 angewachsen – 1994 waren es noch knapp 30. Die Auswahl reicht vom Internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Januar über den Welttag des Buches am 23. April, den Welt-Aids-Tag am 1. Dezember bis hin zu exotischeren Gedenkanlässen wie dem Welttoilettentag am 19. November oder dem Internationalen Tag des Glücks am 20. März.
Auch manche Verbände und Organisationen versuchen, mit Gedenktagen Marketing zu betreiben – schließlich kann jede Vereinigung solche Anlässe nach eigenem Gutdünken ausrufen. So rief die Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA) 1999 den Tag des Deutschen Butterbrotes aus. Der Internationale Verband der Milchwirtschaft propagiert jeweils am 1. Juni den "Tag der Milch". Den Weltspartag kennt nahezu jedes Kind.