Daniel Fabian ist seit Ende 2021 Landesrabbiner von Sachsen-Anhalt. Bevor er das Rabbinerseminar zu Berlin absolvierte und 2011 ordiniert wurde, hatte er Biologie studiert. Der Weg bis zu seinem Diplom in diesem Fach war steinig. Denn weil er als religiöser Jude den Schabbat mit seiner Arbeitsruhe einhalten wollte, ergaben sich Verzögerungen in seinem Studium, wie Fabian der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sagt: "Ich weiß aus erster Hand, welche Herausforderungen sich aus Prüfungen oder Pflichtveranstaltungen am Schabbat ergeben können. Während meines Biologiestudiums musste ich deshalb vier Semester auf eine Mathematikprüfung warten."
Religiöse Jüdinnen und Juden fühlen sich an die Arbeitsruhe am Schabbat und an bestimmten Feiertagen gebunden. Sie wollen, dass das in Deutschland respektiert wird, im Job und an den Hochschulen. Immer wieder wird jedoch moniert, dass zum Beispiel Prüfungstermine auf hohe Feiertage fallen, was praktizierende jüdische Studierende in große Konflikte stürzen und im Zweifelsfall dazu führen kann, dass sie eine Prüfung nicht antreten. So wie im Fall von Daniel Fabian.
Zu wenig Verständnis für Regeln des jüdischen Religionsgesetzes
An diesem Sonntag widmet sich eine Tagung in Berlin diesem Thema. Mit ihrem Titel nimmt sie Bezug auf traditionelle Grüße zum Schabbat und zu den Feiertagen: "Gut Schabbes? Chag Sameach! Religionsfreiheit und Respekt für die Arbeitsruhe an Schabbat und jüdischen Feiertagen". Teilnehmen werden Rabbiner wie Fabian, Religionsverfassungsrechtler sowie Politikerinnen und Politiker. Organisiert haben die Tagung die Experteninitiative Religionspolitik, die Jüdische Studierendenunion Deutschland, die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung und das Tikvah-Institut.
Es gebe Studierende, die "zwischen einem zügigen Studienabschluss und ihrem Glauben wählen müssen", beklagen die Beteiligten im Vorfeld. Denn Ersatztermine würden oft nicht angeboten. Auch mangele es Lehrkräften und in der Arbeitswelt mitunter an Verständnis für Regeln des jüdischen Religionsgesetzes. Wenn alternative Prüfungstermine und Freistellungen von der Arbeit oder vom Schulunterricht für die Religionsausübung verweigert würden, verletze das die Religionsfreiheit und sei eine unzulässige Benachteiligung.
Jüdische Feiertage bei Prüfungen berücksichtigen
Der jetzige Stand der rechtlichen Regelungen widerspricht aus Sicht von Zentralratspräsident Josef Schuster Artikel 4, Absatz 2 des Grundgesetzes, in dem es heißt: "Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet." Die einzelnen Feiertagsgesetze der Länder seien unzureichend, so Schuster. "So wird Schülerinnen und Schülern sowie Beschäftigten meist lediglich die Möglichkeit zur Teilnahme am Gottesdienst gegeben, obwohl die jüdischen Feiertage ein Werkverbot beinhalten."
Die Problematik trieb kürzlich auch Teilnehmende der zweiten Deutsch-Israelischen Studierendenkonferenz in Frankfurt um. Eine Resolution zu verschiedenen Themen forderte auch die Vereinbarkeit von Religion und Studium: "Es ist daher notwendig, jüdische Feiertage bei der Festlegung von Prüfungsterminen zu berücksichtigen und dafür politisch einen klaren Rechtsrahmen zu schaffen", hieß es.
Kann ein "zentraler Kalender" helfen?
Die Organisatoren der bevorstehenden Berliner Tagung betonen: "Die bundesdeutsche und europäische Rechtsprechung schützt grundsätzlich die Beachtung der halachischen Arbeitsverbote am Schabbat und an hohen jüdischen Feiertagen als Teil der Religionsfreiheit." Die Feiertagsgesetzgebung regele die Rechte von Jüdinnen und Juden meist jedoch nicht explizit und umfassend. Die Folge: Sie würden so zu "Bittstellern" und "Störenfrieden" degradiert.
Auf der Veranstaltung soll über Rahmenbedingungen diskutiert werden, damit jüdisches Leben in Deutschland "selbstverständlich" gelebt werden könne. Rabbiner Fabian empfiehlt, Prüfungen ausschließlich an Wochentagen abzuhalten und einen "zentralen Kalender mit den Feiertagen der Religionen" hinzuzuziehen. Zentralratspräsident Schuster fordert: "Die Länder müssen nacharbeiten und Regelungen schaffen, die die staatsvertraglich festgelegten Feiertage mit gesetzlichen Sonn- und Feiertagen gleichstellen."