Kölner Frauenverband stärkt Whistleblowerin Dahm den Rücken

"Ich finde es einfach unsäglich"

Krise im Erzbistum Köln: Die ehemalige Assistentin des Personalchefs ist mit Interna in die Medien gegangen. Das Bistum droht mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Unterstützung erhält Hildegard Dahm nun vom örtlichen Frauenverband.

kfd-Frauen proestieren gegen Missstände in der Kirche (Archiv) / © Julia Steinbrecht (KNA)
kfd-Frauen proestieren gegen Missstände in der Kirche (Archiv) / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was genau fordern Sie vom Erzbistum Köln?

Elisabeth Bungartz (Vorstandsvorsitzende des Kölner Diözesanverbands der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands / kfd): Wir fordern, dass keine arbeitsrechtlichen Schritte gegen Frau Dahm unternommen werden. Wir finden es unwahrscheinlich mutig, dass sich Frau Dahm in der Weise geäußert hat. Sie hatte ja den Erzbischof um ein Gespräch gebeten, was ihr dann aber nicht gewährt wurde. Sie hat noch nicht mal irgendeine Antwort bekommen. Das macht uns noch mehr fassungslos bei allem, was jetzt schon in unserem Bistum passiert. Ich finde es wirklich ganz toll von Pfarrer Markus Hoitz aus Königswinter, dass er sich so vor Frau Dahm stellt und das auch in der Presse kundgetan hat.

Erzbistum Köln nimmt Stellung zum Ermittlungsverfahren

Die aktuellen Vorwürfe gegen Kölns Erzbischof Rainer Maria Woelki hat das Erzbistum Köln in einer Stellungnahme (09.11.22) zurückgewiesen und prüft arbeitsrechtliche Schritte gegen eine Mitarbeiterin. 

DOMRADIO.DE dokumentiert den Text:

"Die Staatsanwaltschaft Köln hat uns heute mitgeteilt, dass sie nach einem Bericht einer Kölner Zeitung gegen Kardinal Rainer Maria Woelki wegen des Anfangsverdachts einer falschen Eidesstattlichen Versicherung ermitteln wird.

Die Staatsanwaltschaft in Köln / © Oliver Berg (dpa)
Die Staatsanwaltschaft in Köln / © Oliver Berg ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wenn wir jetzt über arbeitsrechtliche Schritte sprechen, was wären das denn für Schritte? Wie könnte das aussehen?

Bungartz: Nach dem Arbeitsrecht hat sie sich nicht loyal ihrem Arbeitgeber gegenüber verhalten, wenn man das so sehen will, weil sie solche Interna herausgegeben hat. Ob es da bei einer Abmahnung bleiben oder sogar bis zu einer Kündigung gehen würde, weiß ich nicht. Aber das könnte arbeitsrechtlich alles mögliche sein. Ich denke mal, das würde einen Sturm in unserem Bistum auslösen.

Wir haben schon genug, das im Moment aufpoppt. Ob sich unser Erzbischof und der Generalvikar das leisten können? Es würde ich mich doch wundern, wenn sie das wirklich durchziehen wollen. Aber man weiß es wirklich nicht. Ich finde es gut, dass sich die Mitarbeitervertretung auch vor Frau Dahm stellt.

DOMRADIO.DE: Aber kann denn ein Arbeitgeber eine solche Loyalitätsverletzung einfach dulden? Können Sie nicht verstehen, dass da Konsequenzen in Betracht gezogen werden?

Bungartz: Doch, das kann ich schon verstehen. Aber ich denke, es ist noch mal eine andere Situation, weil sie erst einmal mit dem Erzbischof sprechen wollte, was ihr aber verwehrt wurde. Das hätte der erste Schritt sein müssen, dass sie die Möglichkeit gehabt hätte, es da offenzulegen.

Dass sie dann in einer solchen Gewissensnot war, das muss ich Ihnen ehrlich sagen, kann ich sehr gut nachvollziehen. Auch dass Sie jetzt letztlich diesen Schritt an die Öffentlichkeit gegangen ist.

Elisabeth Bungartz, kfd Diözesanverband Köln

"Ich würde mir wünschen, dass man mit Frau Dahm noch mal ins Gespräch kommt."

DOMRADIO.DE: Welchen Umgang würden Sie sich jetzt stattdessen wünschen? Also anstatt der Androhung von arbeitsrechtlichen Konsequenzen?

Bungartz: Ich würde mir wünschen, dass man mit Frau Dahm noch mal ins Gespräch kommt. Und dass endlich, endlich die Wahrheit herauskommt. Das will auch die Staatsanwaltschaft prüfen. Ich finde es einfach unsäglich.

DOMRADIO.DE: Mal abgesehen von diesem Fall, was müsste sich in Ihren Augen strukturell in Sachen Aufarbeitung sexueller Gewalt ändern?

Bungartz: Da müsste sich der Staat einschalten. Ich glaube nicht mehr, dass es möglich ist, dass der Missbrauch kirchenintern aufgearbeitet werden kann. Ich sehe da nicht, dass wir da irgendwelche Fortschritte machen, dass da wirklich was passiert, außer klugen und schönen Reden.

Da muss entweder von Gerichtsseite oder einer staatlich eingesetzten Kommission Aufarbeitung geleistet werden. Aber ich bin sowieso jemand, der nicht sagt, der Erzbischof müsse eins zu eins ausgetauscht werden. Die ganzen Strukturen und die Hierarchien müssen sich ändern. Da liegt doch der Hund begraben.

Das Interview führte Hannah Krewer.

Quelle:
DR