Die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt soll nach Aussage des Münsteraner Weihbischofs Winfried Theising auch im niedersächsischen Teil der Diözese weitergehen. Er hoffe, dass sich weitere Betroffene meldeten und so das bisherige Dunkelfeld erhellt werden könne, sagte Theising vor rund 100 Zuhörern am Freitagabend in Vechta bei einer Diskussion zur Missbrauchsstudie des Bistums Münster.
Vertuschungen bekannter machen?
Im Offizialatsbezirk Vechta gab es laut der im Juni veröffentlichten Studie eine größere Zahl von Intensivtätern, die oft über Jahre zehn und mehr Kinder oder Jugendliche missbrauchten, so der Leiter der Studie, Thomas Großbölting. Hansjürgen Hilling, Rechtsanwalt und Betroffener von Missbrauch, forderte, die in der Studie genannten Vertuschungen durch den langjährigen Vechtaer Offizial und Weihbischof Max Georg von Twickel (1926-2013) bekannter zu machen.
Theising deutete an, dass dies geschehen könne. Zudem wolle er vor Ort in Vechta mit Betroffenen im Gespräch bleiben und mit ihnen konkrete weitere Schritte überlegen.
Unterstützung für den Synodalen Weg
Zugleich sah der Weihbischof in der münsterschen Studie die Themen des Reformprojekts Synodaler Weg unterstützt: "Wenn wir in der Kirche systemisch nichts verändern, werden wir den Betroffenen nicht gerecht." Theising bezog sich dabei auf eine von Studienleiter Großbölting kritisierte jahrzehntelange "Selbstsakralisierung" von Priestern und unprofessionelles Personalmanagement durch reine Klerikergruppen. Beide Faktoren hätten sowohl Missbrauchstaten wie deren Vertuschung begünstigt.
Anerkennungsleistungen oder Entschädigungszahlungen
Aus dem Publikum wurde mehrfach die Frage nach der unterschiedlichen Höhe kirchlicher Anerkennungsleistungen gestellt. Es gebe bislang keine Begründungen, "warum Opfer ein und desselben Täters einmal 5.000 Euro und einmal 30.000 Euro zugesprochen bekommen", räumte der Interventionsbeauftragte des Bistums, Peter Frings, ein. Die Arbeit der entsprechenden Kommissionen müsse verbessert werden.
Hilling kritisierte die bisherige Weigerung der katholischen Kirche, Entschädigungszahlungen zu gewähren als "teils hoch problematisch". Er bezweifle den kirchlichen Standpunkt, nur der Täter müsse Entschädigung zahlen. "Die staatliche Justiz muss die Bistümer zwingen", so der Jurist. Sollten sich Bistümer künftig auf die Verjährung von Fällen berufen, bedeutete dies ein weiteres dunkles Kapitel.