DOMRADIO.DE: Wie kann Ihnen Instagram helfen, um bei jungen Leuten besser anzukommen oder überhaupt anzukommen?
Prof. Dr. Matthias Sellmann (Pastoraltheologe an der katholisch-theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum): Wir haben tatsächlich den Wunsch, die jungen Leute in Bochum darauf aufmerksam zu machen, dass Theologie studieren, spannend, toll, aber auch sehr wichtig für die Gesellschaft ist. Deswegen haben wir den Instagramkanal für unsere Fakultät gegründet und fahren den gerade hoch. Wir sind sehr zufrieden mit den ersten Wochen, haben sehr viel Erfolg damit und würden dort gerne erzählen, was wir da machen.
DOMRADIO.DE: Was machen Sie denn da?
Sellmann: Für junge Leute ist es spannend, Menschen kennenzulernen, die Theologie studieren oder studiert haben und jetzt davon profitieren. Deswegen haben wir mit einer Kölner Firma zusammen Ein-Minuten-Videos gedreht. Reels heißen diese kurzen Filme bei Instagram. Dort erzählen Menschen, warum sie Theologie studieren, warum in Bochum und was sie davon haben. Da sind echt interessante Geschichten bei herumgekommen und ich kann nur empfehlen, sich das mal anzugucken.
DOMRADIO.DE: Wer steht da für Sie vor der Kamera?
Sellmann: Da stehen zum Beispiel Studierende, die berichten, was das Theologiestudium ihnen bringt. Außerdem haben wir Ehemalige, die von ihrem Werdegang nach dem Studium berichten. Die sind heute Personalchef, arbeiten im Kultur- oder im Medienbereich. Also was man mit einem Theologiestudium werden kann. Das ist für die Schülerinnen und Schüler interessant zu sehen, weil es zeigt, dass man ganz viel mit Theologie auch außerhalb von Kirche werden kann. Das sind wichtige Positionen.
Und als Drittes stellen wir in den Filmen die Dozierenden, also meine Kolleginnen und Kollegen der Universitätsprofessoren, junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor, die gerade ihre Doktorarbeit schreiben und inhaltlich von ihrer Forschung erzählen. Zum Beispiel von der Schnittstelle von Naturwissenschaft und Philosophie, wie man da miteinander denken und reflektieren kann. Wie wichtig das ist, zeigt sich zum Beispiel bei Themen wie neuer Robotik, wo man sich fragt: Was hat Theologie mit neuer Robotik zu tun?
So was stellen wir in den Reels dar. Die Videos sind sehr gut gefilmt und kurz. So kannst du sie jedem auf deinem Handy zeigen, sie teilen und so kommt das in den Umlauf.
DOMRADIO.DE: Sie haben es gerade gesagt, die Videos sind kurz. Machen sie da bei einer Minute Schluss?
Sellmann: Ja, das ist wie ein Gesetz auf Instagram. Der Inhalt muss dort auch visuell gut sein. Daneben haben wir aber auch andere Formate. Zum Beispiel stellen wir die Fakultät vor. Wir schaffen Anknüpfungspunkte für Religionslehrerinnen und -lehrern, weil der Religionsunterricht der erste, wichtigste und verbreitetste Berührungspunkt mit Theologie für junge Leute ist.
Aber wir bieten auch kleine geistliche Impulse an, zum Beispiel jetzt zur Adventszeit. Wichtig bei allem sind aber auch Witze und Humor. Wir wollen uns da stärker einbringen, weil Theologie natürlich auch immer wieder Situationen produziert, die wirklich witzig sind.
DOMRADIO.DE: Wie ist das mit den Rückmeldungen? Wird Ihr Engagement bei Instagram wahrgenommen?
Sellmann: Ja, wir sind zwar noch frisch im Netz, aber wir haben mit manchen unserer Videos schon an die 4.000 Views. Das ist für einen jungen Kanal eine tolle Sache und übersteigt deutlich unsere Followeranzahl, die bei knapp 300 liegt.
Natürlich klingt so eine Fakultät erst mal ein bisschen langweilig und Theologie hat jetzt auch nicht den Ruf, einen besonderen Reiz zu haben. Wir vergleichen uns deswegen mit anderen Fakultäten, die sich auf Instagram zeigen. Da gibt es drei oder vier andere Fakultäten. In diesem Vergleich liegen wir in der Spitzengruppe und möchten auf jeden Fall noch erheblich mehr junge Leute erreichen.
DOMRADIO.DE: Das heißt, sie werden diese kurzen Filme weiter ausbauen?
Sellmann: Ja, wir haben schon fünf weitere Filme vorproduziert, die wir wöchentlich posten. Allein deswegen lohnt es sich zu abonnieren: kath.theologie.rub
Wir wollen jetzt weitermachen und Menschen vor die Kamera stellen, die einfach berichten. Das ist lebendig. Das ist anschaulich. Da hat man ein Rollenmodel und kann sich selbst fragen: Finde ich das Theologiestudium so attraktiv, dass ich das mal ausprobiere?
DOMRADIO.DE: Was tun Sie abgesehen von den sozialen Medien, um junge Menschen für die Theologie und ein Studium zu begeistern?
Sellmann: Ja, wir gehen auch stärker in die Schulen. Wir haben eine Aktion gestartet und schreiben Schulen rund um Bochum an und bieten den Religionslehrerinnen und -lehrern an, eine Unterrichtsstunde zu übernehmen. Wir kommen dann mit unseren Leuten in die Stunde und erzählen, was es im aktuellen Thema der Klasse im Lehrplan, so an neuesten Erkenntnissen in der Theologie zu berichten gibt. Wir versuchen es sehr nah, schülergerecht und spannend zu machen. So erleben die Schülerinnen und Schüler mal andere Theologinnen und Theologen neben ihrem Reli-Lehrer oder der Reli-Lehrerin. Wir sind da gespannt auf die Reaktionen der Schülerinnen und Schüler.
Außerdem laden wir Schülerinnen und Schüler auf unseren Campus ein. Dafür haben wir ein Schülerlabor. Dort können auch ganze Kurse aufschlagen und wir machen dort dann einen halben Tag Programm mit interessanten Themen, wie zum Beispiel zur Kirchengeschichte im Bistum Essen. Wir fragen auch unsere jetzigen Studierenden per Umfrage, wie man die Studienbedingungen verbessern kann und wir planen neue Studiengänge, um die Theologie auch in anderer Form anzubieten.
DOMRADIO.DE: Wann würde Sie sagen, dass sich der Einsatz gelohnt hat? Machen Sie das "nur" an der Zahl der Einschreibungen fest?
Sellmann: Nein, machen wir nicht. Wir als Professoren würden gerne wieder vor volleren Hörsälen stehen, aber die Theologie braucht eine bessere Lobbyarbeit. Im Moment reißt die Krise der Kirche alles mit sich, aber Theologie ist eben nicht einfach identisch mit Kirche, sondern Theologie soll Kirche auch kritisch begutachten. Theologie ist für die ganze Gesellschaft wichtig. Das möchten wir gerne neu ins Bewusstsein heben.
Das Interview führte Carsten Döpp.