Zahl inhaftierter Journalisten auf Rekordhoch gestiegen

"Große Risiken für kritische Recherchen"

Die Zahl der weltweit inhaftierten Medienschaffenden ist nach Angaben von Reporter ohne Grenzen auf ein Rekordhoch gestiegen. Zum Stichtag 1. Dezember saßen mindestens 533 Journalistinnen und Journalisten wegen ihrer Arbeit in Haft.

Wie weit darf Pressefreiheit gehen? / © Voronin76 (shutterstock)
Wie weit darf Pressefreiheit gehen? / © Voronin76 ( shutterstock )

Das teilte die Organisation, die sich weltweit für Pressefreiheit einsetzt, zur Veröffentlichung ihrer Jahresbilanz am Mittwoch mit.

Gegenüber 2021, als Reporter ohne Grenzen (ROG) ebenfalls ein Rekordhoch verzeichnet hatte, stieg die Zahl demnach noch einmal um rund 13 Prozent an. Mehr als die Hälfte aller Inhaftierten habe sich indes auf nur fünf Länder verteilt: China, Myanmar, Iran, Vietnam und Belarus.

Der Iran sei neu in dieser Gruppe, hieß es. Nach dem Ausbruch der landesweiten Proteste säßen dort derzeit 47 Medienschaffende im Gefängnis.

Mindestens 57 Medienschaffende getötet

Im zu Ende gehenden Jahr 2022 seien zudem weltweit mindestens 57 Medienschaffende wegen ihrer Arbeit getötet worden, davon 80 Prozent gezielt, hieß es weiter. Das seien fast 19 Prozent mehr als im Vorjahr. Damals war die Zahl zum ersten Mal seit 2003 wieder unter 50 gesunken.

Pressefreiheit in Gefahr? / © Microgen (shutterstock)

Als einen Grund für den Wiederanstieg in diesem Jahr macht Reporter ohne Grenzen den Krieg in der Ukraine aus, wo acht Medienschaffende starben. Zwei Drittel der getöteten Journalisten starben jedoch außerhalb von Kriegsgebieten. Allein 11 wurden in Mexiko ermordet. Recherchen zu organisiertem Verbrechen oder Korruption seien besonders gefährlich, so Reporter ohne Grenzen.

Jahrelanges Warten auf Prozesse

"Die Rekordzahl inhaftierter Medienschaffender zeigt, dass autoritäre Regime verstärkt dazu übergehen, unliebsame Journalistinnen und Journalisten einfach wegzusperren", sagte ROG-Vorstandssprecherin Katja Gloger. In den meisten Fällen machten sie sich nicht einmal die Mühe, sie vor Gericht zu bringen.

Die Pressefreiheit ist weltweit bedroht  / © Markus Scholz (dpa)
Die Pressefreiheit ist weltweit bedroht / © Markus Scholz ( dpa )

Hinter den Inhaftierten stünden "Schicksale von mutigen Journalistinnen und Journalisten, die für kritische Recherchen große Risiken eingehen und teils unter unmenschlichen Bedingungen im Gefängnis ausharren müssen".

Laut Reporter ohne Grenzen wurden nur etwas mehr als ein Drittel der weltweit inhaftierten Medienschaffenden verurteilt. Manche warteten bereits seit mehr als 20 Jahren auf ihren Prozess. In diesem Jahr sei zudem die Zahl inhaftierter Journalistinnen mit 78 so hoch wie nie zuvor. Mindestens 65 Medienschaffende gelten überdies als entführt.

Journalisten in China und Myanmar besonders betroffen

Weiterhin sitzen der Bilanz zufolge in keinem Land mehr Medienschaffende im Gefängnis als in China, wo es 110 sind. Gemessen an der Bevölkerungsgröße seien jedoch in Myanmar mit 62 die mit Abstand meisten Journalistinnen und Journalisten inhaftiert.

In Vietnam habe sich die Zahl innerhalb von fünf Jahren auf 39 verdoppelt. In Belarus zählte die Organisation 31 Medienschaffende, die hinter Gittern sitzen. Aber auch in Russland seien mindestens 18 Journalistinnen und Journalisten im Gefängnis, darunter 8 aus der Ukraine.

Berichterstatter im russischen Krieg gegen die Ukraine

Seit dem Beginn der russischen Invasion am 24. Februar sind in der Ukraine zwei ukrainische und drei ausländische Journalistinnen und Reporter bei ihrer Arbeit getötet worden. Die internationale Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen (RSF) fordert die russischen und ukrainischen Behörden auf, die Sicherheit der Medienschaffenden in der Ukraine zu gewährleisten.

Journalisten gehen durch ein von russischen Bomben zerstörtes Lebensmittellager in Browary / © Rodrigo Abd (dpa)
Journalisten gehen durch ein von russischen Bomben zerstörtes Lebensmittellager in Browary / © Rodrigo Abd ( dpa )
Quelle:
KNA