Kardinal Marx nennt "Weihnachten das Fundament unserer Zivilisation". Diese These möge zugespitzt sein, doch mit der Weihnachtsbotschaft, dass Gott "der Bruder aller Menschen geworden ist im Kind von Bethlehem", werde verdeutlicht, dass "alle Menschen Brüder und Schwestern" seien. Das betont der Erzbischof von München und Freising laut Manuskript in seiner Weihnachtspredigt an Heiligabend im Münchner Liebfrauendom.
Würde nicht von Nation oder Religion abhängig
Als "ein Fest der gewaltlosen Veränderung der Welt" unterstreiche Weihnachten, dass "nicht der Krieg der 'Vater aller Dinge'" sein solle, sondern "die Liebe und die Solidarität aller Menschen", so Marx. Das möge utopisch klingen, aber ohne eine solche Botschaft des Friedens könne "unsere Kultur" nicht wirklich menschendienlich sein. Zwar gebe es wie jetzt in der Ukraine "eine gerechtfertigte Verteidigung, sogar mit Waffen". Aber der Krieg dürfe "nicht das letzte Wort behalten, und jede Kriegsrhetorik, die die Opfer auf allen Seiten relativiert, widerspricht der weihnachtlichen Botschaft. Ich sehe, wie die Spirale der Gewalt sich weiter fortsetzt."
Weiter erinnert Marx daran, dass jeder Mensch eine Würde habe. Diese habe man sich nicht gegenseitig zugesprochen, weil man einer bestimmten Nation angehöre oder einer bestimmten Gruppe oder Religion, "sondern einfach weil wir Menschen sind". Keine Botschaft unterstreiche das radikaler und umfassender als jene von Weihnachten. Trotz oder gerade angesichts aller Krisen und der Diskussion um die sinkende Bindung der Menschen an die Kirche ruft der Kardinal dazu auf, Weihnachten als "Fest der Hoffnung und des Lebens lebendig zu halten".
Warnung vor Relativierung des Lebensschutzes
Weihnachten mache zudem deutlich, "dass jedes menschliche Leben kostbar ist, ein großes Geschenk, eine Gabe und eine Aufgabe". Deshalb müsse es "geschützt und entfaltet werden vom ersten Augenblick an bis zum Ende des irdischen Lebens", betont der Erzbischof. Er kritisiert "Tendenzen in der öffentlichen und politischen Debatte, die den Schutz des Lebens relativieren wollen, bis hin zu den Diskussionen um einen möglichen assistierten Suizid". Diese Debatten könnten zu "Verwerfungen führen, die das Fundament unserer Zivilisation berühren".