Klischees über Hexenprozesse halten sich laut Historiker

Falsches Bild von der Kirche

Über die frühneuzeitlichen Hexenverfolgungen halten sich manche Klischees nach Ansicht von Historiker Johannes Dillinger besonders hartnäckig. In der Regel stehe aber nicht die Kirche dahinter, sondern zumeist staatliche Prozesse.

Kreuz in der Dunkelheit / © Amanda Carden (shutterstock)
Kreuz in der Dunkelheit / © Amanda Carden ( shutterstock )

Das betreffe vor allem die Rolle der Kirche, sagte der Co-Leiter des Arbeitskreises Interdisziplinäre Hexenforschung in einem Interview auf dem Portal katholisch.de (Samstag). Der Arbeitskreis ist der weltweit größte Verband von Fachleuten für die Geschichte des Hexenglaubens.

Erkenntnisse aus der Forschung

"Lange Zeit waren die Menschen unzutreffenderweise überzeugt, dass die Kirche die Hauptschuld an der Hexenverfolgung trage", sagte Dillinger. "Dem ist nicht so; es waren staatliche Prozesse, mit denen die Kirche nichts zu tun hatte."

Eigentlich habe das die Forschung in den vergangenen Jahren geradegerückt. Das scheine jedoch wieder in Vergessenheit geraten zu sein. "Es gibt Menschen, die im Internet sehr aggressiv auftreten, die die Kirche da in jedem Fall schuldig sprechen wollen und dafür beispielsweise auch meine wissenschaftliche Expertise anzweifeln."

Auch heutzutage noch Hexerei-Vorwürfe

Für Europa und die europäischen Kolonien gingen Fachleute inzwischen von etwa 50.000 Hinrichtungen in Zusammenhang mit Hexenverfolgungen aus, die zum aller größten Teil in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts endeten, erläuterte Dillinger. Damit liege die Zahl der Opfer deutlich niedriger als lange angenommen.

Allerdings lasse sich das Phänomen auch heute noch in anderen Teilen der Welt beobachten, fügte der Experte hinzu. "Es gibt Lynchmorde an Hexereiverdächtigen in Afrika und Asien; es gibt in manchen Ländern dort sogar Gesetze gegen Hexerei. Auch Saudi-Arabien zum Beispiel hat Hexerei zur Straftat gemacht und Menschen deswegen hingerichtet, zuletzt im Jahr 2011."

Inquisition

Der lateinische Begriff Inquisition steht für Befragung, Erforschung oder Verhör. Das Rechtsverfahren entstand im 13. Jahrhundert und wurde von der Kirche wie auch von Staaten angewandt. Es führte die Sicherung von Beweisen sowie die Vernehmung von Zeugen ein. Seine heute landläufige Bedeutung als kirchliche Inquisition erhielt es mit den Verfahren gegen Ketzer und Häretiker. Hintergrund war der sogenannte Albigenserkreuzzug (1209-1229) in Südfrankreich.

Kupferstich: Inquisition und Folter einer Hexe / © N.N. (KNA)
Kupferstich: Inquisition und Folter einer Hexe / © N.N. ( KNA )
Quelle:
KNA