Erst mal um Missverständnisse auszuräumen: Das hat nichts mit dem Synodalen Weg, der Kirchenreform in Deutschland zu tun, richtig?
Ganz genau. Wenn man böse wäre, könnte man sagen, das ist die Konkurrenzveranstaltung. Es gibt den Synodalen Weg in Deutschland, wo sich alle halbe Jahre ein Gremium von 230 Bischöfen und Laien trifft, und es gibt die Weltsynode, die Papst Franziskus vor zwei Jahren ausgerufen hat, um auf allen fünf Kontinenten zu fragen: Was muss sich an der Kirche ändern? Und für diesen Prozess, der dann am Ende in Rom zusammengeführt wird, finden jetzt sozusagen auf der vorletzten Stufe sieben kontinentale Treffen statt: Nordamerika, Südamerika, Afrika, Asien, Nahost und Ozeanien. Die sind teils analog, teils digital oder wie das europäische eine Mischform mit Delegierten vor Ort und zugeschalteten Experten.
Und das ganze hat eine Vorgeschichte?
Wir hatten auch in Deutschland letztes Jahr Umfragen und Treffen auf Bistumsebene, bei denen die Gläubigen nach ihren Reformwünschen gefragt wurden. Das ging von den Bistümern an die Bischofskonferenz, und die hat ein nationales Dokument dazu ausgearbeitet. Das ist in fast allen Bistümern weltweit so gelaufen.
Und das wird jetzt in Prag zusammengeschmissen?
Nicht ganz, noch ein Schritt dazwischen. Das ging erst mal an den Vatikan. Der hat ein Arbeitsdokument erstellt, das die Vorlage für die Besprechungen werden wird. Also ein Dokument für die ganze Welt. Da gab es im Herbst ein großes Treffen in Frascati, in Mittelitalien mit Experten aus der ganzen Welt. Und genau dieses Dokument wird jetzt auf den Kontinentaltreffen besprochen, um zu sehen, ob das denn auch alles mit der Lebensrealitäten der Katholiken zu tun hat, oder komplett dran vorbei geht.
Was steht denn drin in diesem Dokument?
Im Prinzip genau das, was wir tagein tagaus in der Kirche diskutieren. Mehr Beteiligung für Laien zum Beispiel, das ist ein ganz großes Thema, die Rolle der Frau, Anerkennung für homosexuelle Partnerschaften. Ein paar Themen kommen bei uns nur am Rande vor, heimliche Kinder von Priestern zum Beispiel, oder die Anerkennung für polygame Beziehungen. Das scheinen dann in anderen Ländern die großen Themen zu sein.
Wird sich denn wirklich was ändern bei diesen Themen? Umfragen und Gesprächsprozesse aus dem Vatikan kennen wir ja, aber meistens kommt da ja für die wirkliche Lebenswelt nicht viel rum.
Das liegt vollkommen in der Hand des Papstes und des Vatikans. Was man sagen kann, ist, dass die Organisatoren sehr viel Wert darauf legen, dass diese Themen ohne Vorurteile besprochen werden. Das hört man immer wieder, man will keine Agenda setzen, sondern vollkommen frei rangehen. Einige Themen sind natürlich leichter umzusetzen als andere. Wenn es zum Beispiel um eine stärkere Einbindung von Laien bei kirchlichen Entscheidungen geht, ist das relativ einfach umzusetzen. Geht es um Frauenweihe muss das vom Papst grundsätzlich entschieden werden und Franziskus hat diesem Anliegen ja schon öfter eine Absage erteilt.
Und diese Diskussion findet dann auf kontinentaler Ebene ab Sonntag statt. Wer fährt denn aus Deutschland hin?
Das sind vier Personen. Bischof Bätzing als Vorsitzender der Bischofskonferenz, Beate Gilles als seine Generalsekretärin und vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken, dem katholischen Laiengremium, Irme Stetter-Karp und Thomas Söding. Vier Leute von 200, die dann teils in kleinen Gruppen und teils im Plenum diskutieren, aber auch meditieren und beten sollen, dieser Teil ist den Organisatoren ganz wichtig.
Und diese 200 Leute entscheiden dann gemeinsam, was an den Vatikan geliefert wird?
Auch nicht ganz, und das ist eine große Kritik an diesem Treffen. Ein Großteil der Delegierten ist nur die ersten Tage da, von Sonntag bis Donnerstag. Die letzten drei Tage bleiben dann nur die Bischöfe, die das auswerten und weiter tragen. Einige Stimmen sagen, dass das damit wieder in die üblichen katholischen Machtstrukturen verfällt, die anderen sagen: So funktioniert Kirche nun mal, und die Aufgabe der Bischöfe ist es eben auf die Anliegen der Laien zu hören.
Bätzing, Stetter-Karp, Gilles, Söding: Das sind aber auch die Köpfe des Synodalen Weges. Dabei hat die Weltsynode damit doch nichts zu tun?
Das war an dieser Stelle eine bewusste Entscheidung der Deutschen Bischofskonferenz. Man will damit sicher mit dem deutschen Reformprojekt Präsenz zeigen. Was sicher nicht bei allen gut ankommen wird, da gerade in konservativen Kreisen, im Vatikan, aber zum Beispiel auch in Polen oder Skandinavien ganz große Vorbehalte existieren gegenüber dem Synodalen Weg, weil der für progressive Ideen eintritt.
Also diese Diskussion findet dann ab Sonntag in Prag statt, und wie geht es dann weiter?
Dann werden die Ergebnisse an den Vatikan gegeben, genau wie die aus den Treffen in Nordamerika, Südamerika, Afrika, Asien, dem Nahen Osten und Ozeanien. Und dann gibt es im Oktober das Treffen der Bischofssynode. Sowas gibt es alle paar Jahre mal, mehrere hundert Bischöfe und Experten aus aller Welt kommen und geben ein Votum ab. Das sollte ursprünglich der Abschluss sein, der Prozess wurde aber 2022 um ein Jahr verlängert, das heißt Ende 2024 gibt es noch mal so ein Treffen.
Es ist aber ganz wichtig zu betonen, dass das nichts entscheiden kann, es kann nur votieren, am Ende entscheidet der Papst, was sich ändert und was nicht. Nach der letzten Synode 2019 gab es zum Beispiel einen großen Dämpfer, als sich die Mehrheit für die Weihe von verheirateten Männern zu Priestern ausgesprochen hat, da hat der Papst aber hinterher gesagt, die Zeit dafür sei dafür noch nicht reif. Aber so funktioniert katholische Kirche. Am Ende entscheidet der Papst.