Befragt wurden 150 jüdische Gemeinden und Einzelpersonen. Sie berichteten demnach unter anderem von judenfeindlichen Vorfällen beim Zahnarzt, bei einer Abschlussfeier an der Schule und bei der Wohnungssuche. Für die Betroffenen wirkten sich diese Erfahrungen darauf aus, wie offen sie sich als jüdisch zu erkennen gäben, hieß es.
Die Auswertung kommt zu dem Ergebnis, dass Jüdinnen und Juden Antisemitismus teilweise ganz anders wahrnehmen als die nichtjüdische Mehrheitsgesellschaft. Besonders deutlich wird dies demnach bei Fragen der Sicherheit. Viele Befragte berichteten nicht nur von antisemitischen Vorfällen, sondern auch von Entsolidarisierung angesichts solcher Vorfälle. Die Analyse der zwischen 2017 bis 2020 erfolgten Interviews liegt erstmals der Öffentlichkeit vor.
Stimmungen ernst nehmen
Der Autor der Analyse, Daniel Poensgen, erklärte: "Die systematische Berücksichtigung jüdischer Perspektiven auf Antisemitismus ist für dessen Bekämpfung unerlässlich." Die nichtjüdische Mehrheitsgesellschaft müsse in ihrem Bemühen, Antisemitismus entgegenzuwirken, derartige Stimmen nicht nur ernst, sondern als ihren Ausgangspunkt nehmen.
Antisemitismus zeigt sich in der Analyse besonders als Auswirkung des Terroranschlags in Halle/Saale, im Wohnumfeld, als israelbezogener Antisemitismus sowie in individuellen Umgangsweisen. Darüber hinaus wird untersucht, inwieweit politisch-weltanschauliche Hintergründe eine Rolle spielen und wie sich das Verhältnis zu den Strafverfolgungsbehörden darstellt.