Erzbischof kritisiert Innenminister Italiens

Bootsunglück sei Folge der Politik

Der Erzbischof von Palermo hat die Aussagen von Italiens Innenminister Matteo Piantedosi nach dem jüngsten Bootsunglück auf dem Mittelmeer kritisiert. Das Unglück sei eine Folge der Politik der vergangenen Jahre.

Bootsunglück mit Migranten vor Süditalien / © Luigi Navarra (dpa)
Bootsunglück mit Migranten vor Süditalien / © Luigi Navarra ( dpa )

"Es ist an der Zeit, dass wir uns alle klar von jeder Darstellung distanzieren, die darauf abzielt, das schwächste Glied der Gesellschaft zu beschuldigen", so Erzbischof Corrado Lorefice in einer Erklärung auf der Website seines Erzbistums. Was in Cutro geschehen ist, sei kein Unfall gewesen, sondern die natürliche Folge der italienischen und europäischen Politik der vergangenen Jahre.

Über 60 Tote

In der Nacht zu Sonntag war ein Schiff mit Migranten vor der Küste Kalabriens verunglückt. Bislang wurden 63 Ertrunkene geborgen, einige davon Kinder. Rettungskräften zufolge könnte die Zahl der Toten noch steigen. Innenminister Piantedosi (parteilos) äußerte in diesem Zusammenhang am Dienstag, dass Verzweiflung niemals Reisebedingungen rechtfertigen könne, die das Leben der eigenen Kinder gefährdeten.

"Symbolischer Höhepunkt"

Erzbischof Lorefice kritisierte die Aussage als "symbolischen Höhepunkt": Der Minister, "der seinen Eid auf die italienische Verfassung geleistet hat - dieselbe Verfassung, die vor allem die unverletzlichen Menschenrechte anerkennt und garantiert", wälze die Schuld auf die Opfer ab. Es sei notwendig, "die vielen noch offenen Fragen über den Schiffbruch von Cutro zu beantworten und jedes Missverständnis über die sehr ernste Verantwortung jener auszuräumen, die den Schiffbrüchigen nicht zu Hilfe kommen und sie dem Tod auf See überlassen". Lorefice rief dazu auf, "endlich die lang ersehnten humanitären Korridore zu öffnen, das Asylrecht durchzusetzen und an der Integration zu arbeiten".

Über 60 tote Migranten nach Bootsunglück vor Italien

Nach dem Schiffsunglück in Süditalien ist die Zahl der toten Migranten auf 62 gestiegen. Am 27. Februar wurden nach Angaben der Feuerwehr drei weitere Leichen entdeckt. Die leblosen Körper wurden mehrere Kilometer vom Unglücksort Steccato di Cutro entfernt im Wasser und am Strand gefunden, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete. In Italien und auch anderen Ländern überwogen Bestürzung und Empörung. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von einer "erneuten schrecklichen Tragödie".

Tote bei Bootsunglück mit Migranten vor Süditalien  / © Giuseppe Pipita (dpa)
Tote bei Bootsunglück mit Migranten vor Süditalien / © Giuseppe Pipita ( dpa )
Quelle:
KNA