Ein Kommentar von Renardo Schlegelmilch.
Die Meldung, dass der Papst das Rücktrittsgesuch von Bischof Bode annimmt, kam am Samstagmittag überraschend. Für einige wirft dieser Schritt allerdings mehr Fragen auf, als er beantwortet. Bode ist bei weitem nicht der erste deutsche Diözesanbischof, der im Zuge der Missbrauchsaufarbeitung dem Papst seinen Rücktritt anbietet. Er ist allerdings der erste, dessen Angebot angenommen wurde.
Im Nachgang des Kölner Gercke-Gutachtens, das ehemaligen und aktuellen Verantwortungsträgern Fehlverhalten vorgeworfen und nachgewiesen hat, hatte unter anderem der heutige Hamburger Erzbischof Stefan Heße seinen Rücktritt angeboten. Sein Gesuch wurde von Rom abgelehnt, ebenso das des Münchner Kardinals Reinhard Marx. Das Rücktrittsangebot von Kölns Kardinal Woelki liegt seit über einem Jahr ohne Ergebnis "in der Schublade" von Papst Franziskus.
Was macht Bode anders?
Was ist bei Bode jetzt anders? Warum hat Franziskus sein Gesuch angenommen, die anderen aber nicht? Vielleicht liegt es nicht am Angebot an sich, sondern an der Art und Weise, wie es eingereicht wurde. Dass Bodes Abdanken am Samstag eine Überraschung war, liegt daran, dass er diesen Schritt vorher nicht angekündigt hat, sondern den Papst ohne Einbeziehung der Öffentlichkeit, ohne Vorab-Statement oder Pressekonferenz angesprochen hat. Still und heimlich.
In den letzten Jahren haben wir gelernt, dass sich Rom und der Papst ungerne unter Druck setzen lassen. Als 2021 ein Brief mit dem Nein zum Segen für homosexuelle Paare aus dem Vatikan kam, brach in Deutschland eine große öffentliche Debatte los, die im Beschluss des Synodalen Weges endete, auf eigene Faust diese Segensfeiern durchzuführen.
Es geht aber auch anders. Auf der letzten Synodalversammlung Anfang März in Frankfurt erklärte der flämische Bischof Johan Bonny, dass seine Bischofskonferenz für ihre Segensfeiern keinen Widerspruch aus dem Vatikan gehört habe. Vielleicht, weil sie nicht in den öffentlichen Konflikt mit Rom getreten ist?
Ein Bischof ist kein Politiker
Was einen Bischof vom Politiker unterscheidet, ist, dass sein Schicksal (und damit auch sein Rücktritt) nicht in der eigenen Hand, sondern in der des Papstes liegt. Deshalb kann um eine Entpflichtung immer nur gebeten werden. Vielleicht sendet es das falsche Signal an den Papst, wenn ein deutscher Bischof sein Rücktrittsgesuch erst einmal per Pressekonferenz verkündet, bevor die Antwort aus dem Vatikan eingegangen ist. Ein wichtiges Signal an die Gesellschaft ist das ohne Frage, aber inzwischen wissen wir, dass sich der Vatikan ungerne die Pistole auf die Brust setzen lässt.
Am Ende kann dem Papst niemand in den Kopf schauen. Vielleicht spielt auch die Mentalität des 86-Jährigen eine Rolle bei dieser Entscheidung. Seit dem Synodalen Weg wissen wir, dass man Entscheidungen aus Rom nicht mit öffentlichem Druck erzwingen kann. Gut möglich, dass die öffentlichen Rücktrittsangebote von Marx, Heße und Co. bei Franziskus den falschen Nerv getroffen haben, und - wie beim Segen der flämischen Bischöfe - ein kluges Taktieren abseits der Öffentlichkeit mehr erreichen kann.