Evangelische Landeskirche in Bayern findet keinen Bischof

"Eine einmalige Pattsituation"

"Ein bisschen ratlos" sind die Synodalen der bayerischen Landeskirche, die am Montag eigentlich einen Nachfolger für Landesbischof Heinrich Bedford-Strom finden sollten. Die Wahl ist geplatzt. Warum? Und wie kann es nun weitergehen?

Fünfter Wahlgang der bayerischen Bischofswahl am Montag (27.03.2023) in München. Der Münchener Regionalbischof Christian Kopp (links) und die Landshuter Dekanin Nina Lubomierski (rechts). / © Theo Klein (epd)
Fünfter Wahlgang der bayerischen Bischofswahl am Montag (27.03.2023) in München. Der Münchener Regionalbischof Christian Kopp (links) und die Landshuter Dekanin Nina Lubomierski (rechts). / © Theo Klein ( epd )

DOMRADIO.DE: Warum hat im letzten Wahlgang keiner der beiden Kandidaten, weder der Münchner Regionalbischof Christian Kopp noch die Landshuter Dekanin Nina Lubomierski die notwendige Mehrheit bekommen?

Daniel Staffen-Quandt / © epd-Bild/mck
Daniel Staffen-Quandt / © epd-Bild/mck

Daniel Staffen-Quandt (Chefredakteur des Evangelischen Pressedienstes in Bayern): Da gibt es sicher verschiedene Ansatzmöglichkeiten, das zu erklären. Ein Ansatz ist, so wie es die Präsidentin der Landessynode Annekathrin Preidel gestern getan hat, dass es zwei starke Kandidaten waren, die sich sozusagen in dieses Patt hinein bewegt haben.

Es gibt auch die Erklärung, dass die Wechselwähler unter den Synodalen zwar willig waren, einem der beiden Kandidaten am Schluss eine Mehrheit zu verschaffen. Aber dann sind gleich viele Wechselwähler von Kopp zu Lubomierski und von Lubomierski zu Kopp gewechselt, sodass am Ende auch kein Ergebnis zustande kam.

Die dritte Lesart ist, dass es vielleicht auch einfach einen Denkzettel der Synodalen gegeben hat, weil man mit dem Wahlvorschlag insgesamt nicht zufrieden war. Denn es gab vier Enthaltungen. Das ist jetzt alles ein bisschen Kaffeesatzleserei, weil wir natürlich keine genaue Wahlanalyse machen, wie wir das aus der Politik kennen.

DOMRADIO.DE: Es waren aber nicht von Anfang an nur diese eine Kandidatin und der eine Kandidat, oder?

Erster Wahlgang der bayerischen Bischofswahl am Montag (27.03.2023) in München. Foto v.l.: Direktorin des landeskirchlichen Partnerschaftszentrums Mission EineWelt, Gabriele Hoerschelmann; Münchner Regionalbischof Christian Kopp; Landshuter Dekanin Nina Lubomierski; Windsbacher Dekan Klaus Schlicker.  / © Theo Klein (epd)
Erster Wahlgang der bayerischen Bischofswahl am Montag (27.03.2023) in München. Foto v.l.: Direktorin des landeskirchlichen Partnerschaftszentrums Mission EineWelt, Gabriele Hoerschelmann; Münchner Regionalbischof Christian Kopp; Landshuter Dekanin Nina Lubomierski; Windsbacher Dekan Klaus Schlicker. / © Theo Klein ( epd )

Staffen-Quandt: Nein, es gab vier Kandidatinnen und Kandidaten. Es war noch ein weiterer Dekan, Klaus Schlicker aus Windsbach im Rennen und die Direktorin des Landeskirchlichen Partnerschaftszentrums "Mission EineWelt" Gabriele Hoerschelmann. Die sind im Laufe der sechs Wahlgänge, die das Bischofswahlgesetz in Bayern vorsieht, ausgestiegen. Sie hatten entweder am wenigsten Stimmen oder sie waren der Meinung, jetzt ist der richtige Zeitpunkt auszusteigen, um innerhalb dieser sechs Wahlgänge noch eine qualifizierte Mehrheit für einen der Kandidaten zu ermöglichen.

DOMRADIO.DE: Jetzt gab es also keinen mehrheitsfähigen Kandidaten. Ist das ein Zeichen dafür, dass das Kirchenparlament, vielleicht auch die ganze evangelische Kirche in Bayern gespalten ist? Geht es um inhaltliche Differenzen?

Staffen-Quandt: Nein, ich glaube um inhaltliche Differenzen geht es nicht, weil so weit auseinander sind diese beiden Kandidaten, die am Ende noch im Rennen waren, nicht. Es geht vielleicht um die persönlichen Vorlieben.

Daniel Staffen-Quandt (Chefredakteur des Evangelischen Pressedienstes in Bayern)

"Es ging im Vorfeld sicher auch um die Frage, muss jetzt mal eine Frau Landesbischöfin in Bayern werden? (...) Das gab es auch noch nie. Oder die Frage, soll es jemand aus dem Kreis der Synode werden?"

Es ging im Vorfeld sicher auch um die Frage, muss jetzt mal eine Frau Landesbischöfin in Bayern werden? Auch das war eine Frage. Das gab es auch noch nie. Oder die Frage, soll es jemand aus dem Kreis der Synode werden? Das wäre auch Frau Lubomierski gewesen. Sie ist Synodale und Herr Kopp ist Regionalbischof und Teil des Landeskirchenrats, also einem anderen kirchenleitenden Organ. Einen Riss würde ich nicht erkennen wollen. Es ist nachher tatsächlich ein großes Fragezeichen, warum es ausgerechnet dieses Mal nicht geklappt hat. Vielleicht ist es auch einfach ein bisschen Pech gewesen.

DOMRADIO.DE: Jetzt sind Sie noch auf der Landessynode, die auch weiterhin tagt. Wie geht es jetzt weiter? Es muss ja jemand Neues her. Rechnen Sie damit, dass sich das bei dieser Frühjahrstagung noch entscheidet?

Daniel Staffen-Quandt (Chefredakteur des Evangelischen Pressedienstes in Bayern)

"Eine Möglichkeit wäre, dass die Synode während der laufenden Frühjahrstagung noch einen Wahlvorschlag erstellt. (...) Das wäre im Laufe dieser Synode noch möglich. Ob es aber wahrscheinlich ist? Ich glaube eher nicht."

Staffen-Quandt: Es gibt zwei Möglichkeiten. Eine Möglichkeit wäre, dass die Synode während der laufenden Frühjahrstagung noch einen Wahlvorschlag erstellt. Der kann aber im Prinzip nur aus diesen vier Kandidierenden gespeist werden. Es dürfen auch dann nur zwei Kandidierende auf diesem Wahlvorschlag stehen. Denn in Bayern ist es so, die Kandidaten fürs Bischofsamt müssen eine Unbedenklichkeitsbescheinigung von der bayerischen Staatsregierung bekommen. Das ist Teil des Staatsvertrages zwischen Landeskirche und Freistaat. Das wäre im Laufe dieser Synode noch möglich. Ob es aber wahrscheinlich ist? Ich glaube eher nicht. Das wird am Abend der Wahlprüfungsausschuss entscheiden in einer geschlossenen Sitzung.

Die andere Alternative ist, einen komplett neuen Wahlvorschlag zu erstellen. Das dauert aber seine Zeit, eben wegen der angesprochenen Prüfungen und auch, weil man natürlich gucken muss, wer könnte diesmal mehrheitsfähig sein nach diesem Ergebnis? Dann bräuchte es, bevor Bedford-Strohm Ende Oktober in den Ruhestand geht, vermutlich eine außerordentliche Wahlsynode, denn die nächste reguläre synodale Tagung wäre erst im November.

DOMRADIO.DE: Herrscht jetzt vor Ort auf der Landessynode Krisenstimmung?

Staffen-Quandt: Krisenstimmung ist vielleicht der falsche Ausdruck. Es herrschte gestern ein bisschen Ratlosigkeit. Das war auch allen Beteiligten, gerade im Synodalpräsidium, zumindest im ersten Moment ins Gesicht geschrieben. Denn man hat einfach nicht damit gerechnet, dass es auch im sechsten Wahlgang nicht klappt. Krisenstimmung insofern, weil man bislang nicht genau weiß, woran es gelegen hat, um es das nächste Mal besser machen zu können.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Bedford-Strohm: "Mein Herz ist voller Dankbarkeit"

Der scheidende bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm hat am Dienstag in seinem letzten Bischofsbericht vor der Landessynode Rückschau auf seine bald zwölf Jahre im Amt gehalten. Man befinde sich mitten "in einem der größten Transformationsprozesse, die wir in dieser Kirche je erlebt haben", sagte der evangelische Theologe. Er hoffe, dass er seinem Nachfolger oder seiner Nachfolgerin die Institution so übergeben könne, dass der Prozess "wirklich aufs Gleis gesetzt ist".

Heinrich Bedford-Strohm / © Thomas Lohnes (epd)
Heinrich Bedford-Strohm / © Thomas Lohnes ( epd )
Quelle:
DR