Kölner Forum unterstützt neues Friedenswort der Bischöfe

"Gewaltlosigkeit Jesu nicht kleinreden"

Die deutschen Bischöfe wollen ihr Bischofswort "Gerechter Frieden" aus dem Jahr 2000 überarbeiten. Der "Runde Tisch Frieden" im Erzbistum Köln hält diese Überarbeitung für dringend notwendig und hat ein eigenes Papier dazu verfasst.

Friedensproteste für die Ukraine / © Theodor Barth (KNA)
Friedensproteste für die Ukraine / © Theodor Barth ( KNA )

DOMRADIO.DE: Der "Runde Tisch Frieden" im Erzbistum Köln wurde 2015 auf Initiative von Pax Christi gegründet, um verschiedene Gruppen und Verbände zu vernetzen, die sich für den Frieden in der Welt engagieren. Im Jahr 2000 hat die Deutsche Bischofskonferenz ihr noch aktuell gültiges "Friedenswort" veröffentlicht, damals in einer vollkommen anderen Weltlage. Wie dachten die Bischöfe im Jahr 2000 über den Frieden? 

Dr. Werner Höbsch (Theologe und Mitglied des "Runden Tischs Frieden" im Erzbistum Köln): Auch im Jahr 2000 haben die katholischen Bischöfe auf den Frieden wie immer in ganz konkreten Kontexten geschaut. Wichtig ist, dass es auch schon damals bei den Kontexten nicht nur um die Frage der Gewalt mit Waffen ging, sondern genauso um die Frage nach Gerechtigkeit, auch nach Klimagerechtigkeit.

Diese Frage ist aktuell noch mal drängender geworden, aber das war auch schon 2000 Thema. Die entscheidende Herausforderung ist: Was können wir als Christinnen und Christen vom Evangelium her in die Gesellschaft, in diese Kontexte der Gewalt, der Ungerechtigkeit einbringen?

DOMRADIO.DE: Wo sehen Sie jetzt Nachsteuerungsbedarf in diesem alten Papier?

Werner Höbsch (Mitglied beim "Runden Tisch Frieden" im Erzbistum Köln)

"Unser Anliegen ist es, dass wir die Entwicklungen der Zeit im Kontext des Evangeliums lesen, deuten und handeln und nicht umgekehrt."

Höbsch: Den Nachsteuerungsbedarf sehen zuerst mal die Bischöfe. Wir als "Runder Tisch Frieden" haben gesagt, wir wollen das nicht den Bischöfen allein überlassen, sondern wir melden uns hier auch zu Wort. Wir haben die große Sorge, dass es nur noch eine Fokussierung auf den Krieg in der Ukraine gibt. Unser Anliegen ist, dass die Gewaltlosigkeit Jesu, von der das Neue Testament Zeugnis gibt, nicht unter den Tisch fallen oder kleinreden zu lassen. Unser Anliegen ist es, dass wir die Entwicklungen der Zeit im Kontext des Evangeliums lesen, deuten und handeln - nicht umgekehrt.

DOMRADIO.DE: Sie kritisieren die immensen Waffenlieferungen in die Ukraine. Aber gibt es eine ernste Alternative zu Kampfhandlungen in diesem Fall?

Werner Höbsch (Mitglied beim "Runden Tisch Frieden" im Erzbistum Köln)

"Wer Waffen liefert, der hat auch das Recht zu sagen, wir wünschen Verhandlungen."

Höbsch: Da gehen die Meinungen natürlich sehr weit auseinander. Der "Runde Tisch" vertritt die Meinung, dass Waffenlieferungen alleine nicht die Lösung des Problems sein können, sondern dass wir hier sehr ernsthaft auf Verhandlungen drängen müssen. Wer Waffen liefert, hat auch das Recht zu sagen, wir wünschen Verhandlungen. Diese Verhandlungen, die müssen natürlich auch die verbrecherischen Aktionen der Annexion der Ukraine durch Soldaten Putins thematisieren. Aber das gehört mit in die Verhandlungen hinein.

DOMRADIO.DE: Deutschland liefert also Waffen, kann dafür aber dann auch die Forderung stellen, dass verhandelt wird?

Höbsch: Ja, genauso sehe ich das.

DOMRADIO.DE: Und wenn es nicht funktioniert? Wenn man dafür Gebiete abtreten muss?

Werner Höbsch (Mitglied beim "Runden Tisch Frieden" im Erzbistum Köln)

"Die Frage ist doch, wie viel an Leid, wie viel an Tod muss noch passieren, bevor man ernsthaft anfängt zu verhandeln?"

Höbsch: Das ist eine Frage, die auch in den Verhandlungen geklärt werden muss. Denn im Augenblick sieht es ja so aus, dass die Waffen täglich viele Menschen töten. Die Frage ist doch, wie viel an Leid, wie viel an Tod noch passieren muss, bevor man ernsthaft anfängt zu verhandeln? Man kann nicht die Ergebnisse der Verhandlungen schon vorwegnehmen. Das ist unser Anliegen.

DOMRADIO.DE: Jetzt waren Sie mit diesem Anliegen auch beim Kölner Kardinal Woelki. Wie steht der zu Ihrer Überarbeitung des Bischofswortes, als Teil der Bischöfe?

Höbsch: Wir haben dem Kardinal unsere Eckpunkte in einem persönlichen Gespräch überreicht. Von den Eckpunkten sagen wir, dahinter darf nicht zurückgegangen werden. Er hat sich sehr offen und wohlwollend unseren Positionen gegenüber gezeigt und hat zugesagt, dass er unser Papier, die Eckpunkte in die Beratungen der Bischöfe hineingeben und an die Bischofskonferenz weitergeben wird. Das ist auch das, was wir uns erhofft und erwünscht haben. Auch er sagt, dass Waffen immer töten, aber fragt natürlich genauso, wie kann denn ein Ausweg da sein?

Das Interview führte Tobias Fricke.

Dr. Werner Höbsch

"Wir fangen noch einmal an. Wir geben nicht auf." Diese Worte des schwedischen Dichters und Philosophen Lars Gustafsson hat sich Dr. Werner Höbsch zur Aufgabe gemacht.

Dr. Werner Höbsch / © privat
Dr. Werner Höbsch / © privat
Quelle:
DR