DOMRADIO.DE: Im ersten Film kamen Sie im Grunde nur eine Sekunde vor. Gab es daraufhin Reaktionen Ihres Umfelds?
Ramona Kielblock (Gründungsmitgliedern von #OutInChurch und KjG-Bildungsreferentin im Erzbistum Köln): Ich wurde auch in der kurzen Zeit erkannt. Von der Initiative gab es dazu eine Webseite und Social Media Kanäle, wo die Profile der einzelnen Menschen noch mal gezeigt wurden. Einige Menschen haben mich entdeckt und haben sich daraufhin bei mir gemeldet.
Frühere Kommilitoninnen oder Arbeitskolleginnen haben mir geschrieben, wie cool sie das finden, dass ich da mitmache und wie gut und wichtig das ist.
DOMRADIO.DE: Das neue kirchliche Arbeitsrecht sieht in privaten Lebensverhältnissen keinen Kündigungsgrund mehr. Damit sind Sie als lesbisch geoutete Kirchenmitarbeiterin sicher. Fühlen Sie sich sicher?
Kielblock: Ich fühle mich sicher. Bei mir ist es aber auch so, dass ich im Vorfeld keine großen Ängste hatte. Denn ich habe mit der Katholischen jungen Gemeinde (KjG) eine Arbeitgeberin, bei der ich sein kann, wer ich bin. Dort erwarten mich keine Konsequenzen.
Insofern hat sich bei mir persönlich nicht so viel verändert. Viele andere hatten aber Angst vor den Auswirkungen ihres Outings. Diese Änderung ist in der Dienstordnung ein großer Schritt, der vielen endlich eine existenzielle Angst nimmt.
DOMRADIO.DE: Die Kirche in Deutschland hat sich verhältnismäßig im Bezug auf das Arbeitsrecht schnell bewegt. Quantensprung oder Etappensieg für Sie?
Kielblock: Ganz deutlich ein Etappensieg. Wir sind noch bei Weitem nicht da, wo wir hin wollen. Es ist im Hinblick auf die Angst ein sehr wichtiger Schritt.
Wir sind jedoch immer noch an dem Punkt, dass es durch die kirchliche Lehre als Sünde eingestuft wird, wer wir sind und wie wir leben. Auch wenn wir nicht mehr um unsere Jobs bangen müssen, vertreten wir mit unseren Anstellungen eigentlich immer noch diese Lehre.
Es ist schon eine sehr skurrile Situation und für uns einzelne Menschen auch nicht ganz einfach.
DOMRADIO.DE: Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, lässt in einer Interviewpassage durchscheinen, in welchem Zwiespalt er steckt, den deutschen Sonderweg nach Rom zu verkaufen. Würden Sie mit ihm tauschen wollen?
Kielblock: Ich bin mir sehr unsicher, ob ich diesen Job haben möchte. Ich glaube, dass ich ihn im Zweifel vielleicht anders ausführen würde. Ich verstehe dieses "Zwischen den Stühlen Sitzen" sehr gut.
Er hat eine schwierige Rolle. Aber wir erwarten und wünschen uns, dass er und die anderen Bischöfe die Initiative ganz deutlich vertreten und nicht mit einem Hin-und-her-Schwanken und der Abhängigkeit von Rom nach Außen treten.
Sie sollten mit mehr Mut vorausgehen, so wie wir das auch gemacht haben. Wir waren auch abhängig und hatten große Ängste.
Wir haben zusammen beschossen, dass wir gemeinsam stark sind und schauen, wohin uns das führt. Davon wünsche ich mir mehr.
DOMRADIO.DE: In dem neuen ARD-Film kommen auch einige wenige zu Wort, die trotz der Gesetzesänderung aus der katholischen Kirche austreten. Ist das für Sie nachvollziehbar?
Kielblock: Total. Eigentlich kann man froh sein über alle, die bleiben. Ich persönlich kann es total gut nachvollziehen, dass es vielen nicht reicht und es für sie hier nicht mehr weitergeht und sie dann auch austreten.
DOMRADIO.DE: Sie verdienen Ihren Lebensunterhalt bei der Kirche. Aber das ist nicht das Einzige, was sie hält, oder?
Kielblock: Richtig. Als Sozialpädagogin hätte ich viele Möglichkeiten, auch anders Geld zu verdienen. Zu bleiben, ist aber auch eine Überzeugung.
Es ist eine Entscheidung, die ich auch immer wieder treffe. Ich bin der Meinung, dass ich ein Teil dieser Kirche bin. Das lasse ich mir nicht wegnehmen.
Ich kämpfe für meinen Platz und ich kämpfe mit #OutInChurch, mit Jugendverbänden, die schon lange der Überzeugung sind, dass Kirche nicht so sein muss.
Denn wenn sie ihre Verantwortung gegenüber den Menschen und den Menschenrechten ernst nimmt, dann muss Kirche ein Ort für alle sein.
Ein Ort der Vielfalt, an dem sich alle angenommen fühlen. Genau dafür will ich weiter kämpfen und dazu habe ich aktuell auch noch die Kraft.
Das Interview führte Tobias Fricke.