"Sei besiegelt durch die Gabe Gottes, den Heiligen Geist." Jedem der 67 Firmanden, die einzeln mit ihrem Paten oder ihrer Patin vor den Altar treten, legt der Erzbischof die Hand auf und zeichnet ihm mit dem Chrisam-Öl ein Kreuzzeichen auf die Stirn. Dann reicht er die Hand zum Friedensgruß und nimmt sich einen Moment lang Zeit, mit dem Neugefirmten zu sprechen.
Erst ist es still in der von der Abendsonne mit warmem Licht durchfluteten Kathedrale – die persönlichen Zwiegespräche spielen sich "out off the record" ab – dann stimmt die Gemeinde in eines der bekanntesten Kirchenlieder zu Pfingsten ein: "Komm, Schöpfer Geist, kehr bei uns ein…"
Genau das macht den Kern bei dieser Feier mit Kardinal Woelki aus: die Bitte um Stärkung nach einem entschiedenen Bekenntnis des eigenen Glaubens, das mündige "Ja" aus freien Stücken. Es ist die Freiwilligkeit, die bei dieser Erwachsenenfirmung im Vordergrund steht: dass niemand anderer mehr für einen entscheidet – wie die Eltern bei der Taufe für ihr Kind – sondern in diesem Augenblick jeder für seine Gottesbeziehung selbst Verantwortung übernimmt.
Etwa zwischen 20 und 60 Jahre alt sind die Firmbewerberinnen und -bewerber, die an diesem Vorabend zu Pfingsten aus den FIDES-Stellen von Bonn, Wuppertal, Düsseldorf und Köln im Dom zusammengekommen sind, um vom Kölner Erzbischof gefirmt zu werden. Vereinzelt sind es auch Kandidaten, die nicht über die katholische Glaubensinformation begleitet wurden, sondern direkt aus ihrer Gemeinde kommen, wo sie sich individuell auf dieses Sakrament vorbereitet haben.
Die Gründe, sich erst jetzt – nach reiflicher Überlegung im Erwachsenenalter – auf dieses Sakrament einzulassen, sind vielfältig, weiß Irmgard Conin, die Leiterin der FIDES Köln. "Bei den meisten mag es einen äußeren Anlass geben – beispielsweise eine Heirat in Italien, die Übernahme einer Patenschaft oder einen kirchlichen Arbeitsplatz, bei dem der Verkündigungsauftrag eine Rolle spielt – aber selbst darin sehe ich immer einen Anstoß Gottes", sagt die Theologin.
Das FIDES-Konzept sieht vor, dass in Abend- oder Wochenendkursen zentrale Motive und Themen des Glaubens fokussiert ins Gespräch gebracht werden. "Gewissermaßen als Update auf der Erwachsenenebene", erklärt Conin. "Jeder kann bei uns herausfinden, was der christliche Glaube für ihn persönlich bedeutet, welche Lebensrelevanz er haben kann, was sich ändert, wenn ich glaube." Schließlich sei der Glaube nicht nur ein Theoriegebäude, sondern eine Ressource im eigenen Leben.
Um diese Transferleistung, die Verbindung zwischen Glaube und dem eigenen Alltag herzustellen, gehe es bei der Arbeit von FIDES. Weniger um die Vermittlung von reinem Glaubenswissen. "Wir sprechen über unser Gottesbild, über die Person Jesus Christus und das christliche Menschenverständnis. Auch die Auseinandersetzung mit Leid, Tod oder Schuld spielt eine große Rolle." Und schließlich gehe es um die Frage nach der eigenen Berufung: Wozu lebe ich? Habe ich einen Auftrag? Und wenn ja, welchen?
"In der Taufe feiern wir, dass das Leben eine Gabe ist", betont Conin. "In der Firmung feiern wir, dass das Leben auch eine Aufgabe ist, nämlich die eigenen Charismen zur Entfaltung zu bringen, und dass unser Leben eine hoffnungsvolle Perspektive hat, weil es die Zusage Gottes gibt, dass wir geliebt sind und er uns durch Höhen und Tiefen begleitet. Dazu stärkt die Firmung", so Conin. "Sie ist der Auftrag: Mach was draus im Sinne des Evangeliums!"
So ähnlich bringt es auch Kardinal Woelki am Ende der festlich mit Bläsermusik gestalteten Feier zum Ausdruck. Bevor er die vielen Neugefirmten, ihre Familien und Freunde mit dem Schlusssegen entlässt und ausdrücklich allen Katechetinnen und Katecheten für deren Begleitung auf dem Weg hin zum Empfang des Firmsakramentes dankt, wünscht er den Firmlingen, "dass sie immer in der Nähe Gottes leben, sich in der Gegenwart Gottes geborgen fühlen können". Dass sie als pfingstliche, geisterfüllte Menschen durchs Leben gehen und den Mut aufbringen, sich mithilfe des Heiligen Geistes zu ihrem Christsein zu bekennen.
In seiner Predigt hat er zuvor davon gesprochen, wie wichtig es sei, Vorbilder zu haben. Wenn jemand gut singen, Fußball spielen oder eine andere Fähigkeit besonders gut beherrsche, wecke das in einem selbst oft auch den Wunsch, das genauso gut zu können. Auch als Christen, so der Erzbischof, müssten wir uns fragen: Gibt es etwas, wofür ich mich begeistere, oder jemanden, für den ich Feuer und Flamme bin – wie damals die Jünger, die es nach draußen in die Welt drängte, um von der Botschaft Jesu, dem, wofür er stand, auch anderen zu berichten.
"Ein Feuer brennt, wärmt und leuchtet", unterstreicht Woelki, "und so will der Heilige Geist unser Herz erwärmen: für Jesus Christus und seine Kirche". Schon den frühen Christen sei es darum gegangen, Jesus so gut wie möglich nachzuahmen, so zu denken, zu reden und zu handeln wie er; sich von seinem Geist, dem Geist Gottes prägen, leiten und bestimmen zu lassen – mit dem einen Ziel, selbst heil und heilig zu werden.
Damit auch wir heute dieses Ziel erreichten, gelte als Grundvoraussetzung, dass Jesus unser Vorbild sei – denn auch Christen brauchten Vorbilder – um dann nach seinem Beispiel zu leben. Wörtlich stellt der Kardinal fest: "Ein Christ versucht, in Christus zu bleiben. Und der Heilige Geist will uns dabei helfen."
Vorbilder wie Mutter Teresa oder Martin von Tour würden heute sicher in einer Fernseh-Show nicht weit kommen, so Woelki, seien aber dennoch für Christen Vorbilder, weil sie sich bei ihrem Dienst an den Armen ausschließlich an Jesus orientiert hätten. "Auch wir können solche Christen sein", ermutigt er seine Zuhörerinnen und Zuhörer, "die erfüllt vom Heiligen Geist Jesus Christus nacheifern und dazu beitragen können, dass die Welt ein bisschen besser wird. Dann strahlt Gott durch uns in diese Welt hinein."