Mit Gottesdiensten haben Christen weltweit am Sonntag das Pfingstfest gefeiert. Papst Franziskus beschwor dabei die Harmonie in der Kirche. Bei der Messe im Petersdom hob der Papst die Bedeutung des Heiligen Geistes für die Weltsynode der katholischen Kirche hervor. "Die laufende Synode ist - und muss - ein dem Geist gemäßer Weg sein", so das Kirchenoberhaupt.
"Nicht ein Parlament, in dem es darum geht, Rechte und Bedürfnisse nach der Agenda der Welt einzufordern, nicht eine Gelegenheit, dorthin zu gelangen, wohin der Wind uns trägt, sondern eine Gelegenheit, um dem Wehen des Geistes zu folgen."
Um vom Geist erfüllt zu sein, müsse das Volk Gottes gemeinsam wandeln, sagte Papst Franziskus in seiner Predigt an Pfingstsonntag. "So wird die Harmonie in der Kirche erneuert: indem wir gemeinsam gehen, mit dem Geist in der Mitte. Schaffen wir Harmonie in der Kirche!"
Der Papst erinnerte an die Apostelgeschichte im Neuen Testament, wonach der Heilige Geist auf die nach dem Tod Jesu verunsicherten Jünger herabkommt. "Jeder empfängt besondere Gnaden und unterschiedliche Charismen", führte er aus. "Er löscht nicht die Unterschiede, die Kulturen aus, sondern harmonisiert alles, ohne zu standardisieren, ohne zu vereinheitlichen." In der Welt gebe es Zwietracht, Spaltung, Kriege und Konflikte. Der Heilige Geist lasse die geschaffene Wirklichkeit vom Durcheinander zum Einklang übergehen und schaffe Harmonie in den Herzen der Menschen.
Bischof Bätzing: Pfingsten ist Initialzündung
Auch die deutschen Bischöfe mahnten Einheit und Freimut im Glauben an. Zugleich wurde auch vor Falschnachrichten und Lügen sowie einem Bedeutungsverlust des Festes gewarnt.
In seiner Pfingstpredigt bedauerte etwa der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing: "Mehr noch als Weihnachten und Ostern leidet das Pfingstfest unter einer zunehmenden inhaltlichen Entleerung", sagte der Limburger Bischof in einer Predigt am Pfingstsonntag.
Bätzing äußerte jedoch die Hoffnung, dass der Heilige Geist die Herzen der Gläubigen erfülle und in ihnen das Feuer der Liebe entzünde. Für Christen jedoch sei Pfingsten das Fest des Heiligen Geistes und gilt als Geburtsfest der Kirche. Pfingsten sei "heute wie damals die Initialzündung einer Kirche der Vielfalt, der vielen Sprachen, Kulturen, unterschiedlichen Biografien und Herkünfte", so Bätzing. "Pfingsten geschieht nicht einmalig, es kann immer wieder geschehen, erhofft und erbetet, miteinander erwartet und von Gott geschenkt werden."
Das Beispiel Pfingsten mache deutlich, dass nicht alle Menschen im selben Jetzt lebten. "Neueste Technologie geht Hand in Hand mit den ältesten Vorurteilen", erklärte Bätzing. Einerseits gebe es Satelliten im All, neue Impfstoffe und Smartphones mit künstlicher Intelligenz, andererseits Verschwörungsmythen und Hassbotschaften. Während Menschen einerseits ein wachsendes Bewusstsein für die Verantwortung für die Schöpfung hätten, würden andererseits in Europa Städte bombardiert.
Kardinal Woelki: Heiliger Geist ist die Liebe Gottes
Im Kölner Dom ermutigte der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki, in einer Gemeinschaft mit Gott zu leben. Während man sich unter dem Vater und dem Sohn etwas vorstellen könne, habe der Geist zunächst "kein Gesicht". "Wer er ist, kann nur erahnt werden aus dem, was er wirkt und was er tut", so Woelki. Der Heilige Geist sei nicht irgendeine Kraft, sondern die Liebe Gottes, die uns vom Kreuz anblicke. Er sei die Gabe der Versöhnung Gottes an die Welt.
Und auch wenn er kein greifbares Antlitz habe, gebe es doch sein Erkennungszeichen. "Wo auf Erden Sünden vergeben werden, da ist der Geist am Werk", betonte Woelki. Der Heilige Geist stärke die communio, die Gemeinschaft. Wo wir die Gemeinschaft mit Gott leben, da beginne die neue Schöpfung, da sei der Geist am Werk.
Kardinal Marx: Dienst der Einheit abliefern
Auch der Münchner Kardinal Reinhard Marx rief an Pfingsten zum Einsatz gegen Spaltungen der Gesellschaft auf. Marx sagte laut seiner Pressestelle, in jüngster Zeit habe er das Gefühl, dass die Polarisierungen zunähmen, auch in Form von "Fake News" und Verschwörungstheorien. An dieser Stelle sei die Kirche gefordert: "Die Kirche sollte einen Dienst der Einheit abliefern", mahnte der Erzbischof von München und Freising. Allerdings gebe diese "auch nicht immer ein gutes Bild" ab.
"Kommunikation, Sprechen, Vertrauen, Vielfalt, im Miteinander: Daran hängt es." Und weiter: "Demokratie hat keine Zukunft, wenn es kein Forum des vertrauensvollen Gesprächs gibt." Der Kardinal fügte hinzu: "Die Zukunft der Welt hängt an der Fähigkeit zu guten Gesprächen, zu guter Kommunikation." Das gelte auch für kriegerische Auseinandersetzungen wie in der Ukraine: "Nicht die Waffen werden am Ende Frieden bringen, sondern das Reden. Beten wir darum, dass das Töten aufhört, das Elend."
Bischof Oster: Gebet und Wort Gottes sind Voraussetzung
Im vollbesetzten Passauer Stephansdom feierte Bischof Stefan Oster die Entsendung des Heiligen Geistes. Zur Feier des Tages schmückten zahlreiche rote Luftballons den Dom. Ihre Aufschrift: Happy Birthday Kirche!
Der Passauer Bischof sprach in seiner Predigt über die zwei Voraussetzungen dafür, dass dem Heiligen Geist ein fruchtbarer Ackerboden in der Kirche bereitet werden kann. Zunächst brauche es das Gebet. Ebenso brauche es das Wort Gottes. Meistens würden wir die Bibel auf den Gottesdienst reduzieren, daheim beschäftige sich fast niemand mehr damit. Dabei sei sie das lebendige Wort Gottes. "Dieses Wort will in Ihnen und mir Fleisch und Blut werden. Es will von uns aufgenommen, verstanden und erzählt werden", so Oster.
Auch brauche es den Freimut und die Kühnheit der Apostel, die "Freimut in der Rede über Jesus“ zu leben gelernt hätten. Jedoch stehe dem entgegen stets auch das Schamgefühl, sich in der heutigen Zeit für die Kirche auszusprechen.
"Wann haben Sie sich das letzte Mal wirklich über ihren Gott oder über ihren Jesus gefreut? Und zweitens: Wann haben Sie das letzte Mal von Ihre Freude erzählt?“, stellte Bischof Oster die Frage an die Gläubigen im Dom. Wenn man dem Herrn Raum gebe, komme immer wieder auch die Freude zurück. Zugleich würden wir lernen, die Welt mit anderen Augen zu sehen und anders auf die Mitmenschen zuzugehen.
Denn: "Beten lernen heißt lieben lernen.“ Wenn schließlich der Ackerboden für den Heiligen Geist bereitet sei, geschehe das, wovon in der Bibel so oft die Rede sei: "Es geschehen Zeichen und Wunder.“ Wichtig sei nur, dass wir glauben, "dass in uns immer wieder Pfingsten wird".
Bischof Jung: Liebe zur Kirche berechtigt zur Kritik
Der Würzburger Bischof Franz Jung forderte am Pfingstsonntag dazu auf, Missstände in der Kirche offen zu benennen und anzugehen. "Gerade die Liebe zur Kirche berechtigt zur Kritik der Kirche. Denn wer mit der Kirche mitfühlt und an ihre Reformierbarkeit glaubt, tut alles, um notwendige Reformen voranzutreiben", sagte er in seiner Predigt im Würzburger Kiliansdom.
Verändern könne man die Kirche aber nur dann, wenn man in ihrer Gemeinschaft bleibe. Er betonte: "Gerade wer die Kirche liebt, leidet besonders mit ihr."
Diözesanadministrator Bredeck: Pfingsten ist Friedensbotschaft
Der Diözesanadministrator des Erzbistums Paderborn, Monsignore Michael Bredeck, hat zu Pfingsten an den Versöhnungsauftrag der Kirchen erinnert. Die Menschheit stehe gegenwärtig vor der großen Herausforderung, Frieden zu schaffen, sagte Bredeck am Sonntag im Paderborner Dom. "Gerade in der Kirche ist das als völkerübergreifender Gemeinschaft bewusst." Der Geist Jesu gebe ihr die Kraft und zeige Wege auf, Frieden zu stiften und zu schließen.
"Grundlage dauerhaften Friedens ist die Anerkennung und das Respektieren der Würde eines jeden Menschen, gerechte Verteilung der Lebensgüter und Ehrfurcht vor der Schöpfung", betonte der Theologe.
So habe die Vergangenheit gezeigt, dass weder Aufrüstung und gegenseitige Abschreckung noch wechselseitige wirtschaftliche Abhängigkeiten der Schlüssel zum Frieden und für wachsenden Wohlstand sei, erklärte Bredeck, der die Erzdiözese bis zur Ernennung eines neuen Paderborner Erzbischofs leitet.
Der Versöhnungsauftrag Jesu zur Geburtsstunde der Kirche an Pfingsten zeige, was heute für die Kirche noch immer wichtig sei, sagte der Diözesanadministrator weiter. Menschen, die zusammenkommen, um sich in den Geist Jesu Christi zu vertiefen für einen dauerhaften Frieden. Die Organisationsform von Kirche stehe dabei nicht im Vordergrund, unterstrich Bredeck: "Wie sich diese Menschen organisieren, hat sich im Laufe der Jahrhunderte vielfach geändert. Wichtig ist es, dass sich dieser Zusammenschluss aus diesem Quellgrund speist."
Ratsvorsitzende Kurschus: Keine Wahrheit ohne Liebe
Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, sagte, dieser Geist könne Menschen unterschiedlicher Nationalitäten, Religionen und Generationen miteinander verbinden. Kurschus beklagte eine "Hochkonjunktur" der Lüge. Falschnachrichten würden "genüsslich verbreitet", sagte die westfälische Präses: "Eine Lüge muss möglichst frech sein, dann gewinnt sie fanatisch überzeugte Leute, die ganze Stadien füllen." Zugleich beobachte sie eine "beängstigend autoritäre Wahrheitswut". Viele verträten ihre Wahrheit absolut, anstatt unterschiedliche Meinungen auszutauschen.
Es gebe keine Wahrheit ohne Liebe, betonte die EKD-Ratsvorsitzende und leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen: "Lieblose Wahrheit ist Rechthaberei, schlimmstenfalls wird sie zu fanatischem Fundamentalismus." In der biblischen Pfingstgeschichte wirke hingegen ein Geist der Wahrheit.
Präses Latzel: Pfingsten bringt Begeisterung und Verständnis füreinander
Nach den Worten des rheinischen Präses Thorsten Latzel bringt Pfingsten Begeisterung, "feurigen Lebensmut" und Verständnis füreinander: "Damals wie heute treibt Gottes Geist uns raus: aus der eigenen Komfortzone rein in die Öffentlichkeit und vor allem hin zu anderen, die sich wie wir nach Hoffnung sehnen, nach etwas, das ihrem Leben Sinn und Orientierung gibt", erklärte der leitende Theologe der Evangelischen Kirche im Rheinland in seiner Pfingstbotschaft.
"Pfingsten feiern wir eine Hoffnung, die andere ansteckt."
"Damals lebten die Jüngerinnen und Jünger Gemeinschaft mit anderen, brachen Brot, beteten, teilten, was andere brauchten", erklärte Latzel mit Blick auf die Zeit vor rund 2.000 Jahren. "Heute hilft uns Gottes Geist dazu, Familienarmut, dem Pflegenotstand, der Not von Geflüchteten öffentlich entgegenzutreten - und miteinander zu teilen, was andere brauchen."
Geburtsfest der Kirche
Pfingsten ist nach Ostern und Weihnachten das dritte große Fest im Kirchenjahr. In Erinnerung an die in der Bibel geschilderte Ausgießung des Heiligen Geistes auf die Menschen wird Pfingsten auch als "Geburtstag der Kirche" verstanden. Damit endet die 50-tägige Osterzeit. In vielen Gemeinden werden an Pfingsten Gottesdienste unter freiem Himmel gefeiert.
Das Wort Pfingsten leitet sich ab von "Pentekoste", dem griechischen Begriff für "fünfzig". Die Bibel versteht den Heiligen Geist als schöpferische Macht allen Lebens. Er ist nach kirchlicher Lehre in die Welt gesandt, um Person, Wort und Werk Jesu Christi lebendig zu erhalten.