"Mehr noch als Weihnachten und Ostern leidet das Pfingstfest unter einer zunehmenden inhaltlichen Entleerung", sagte der Limburger Bischof in einer Predigt am Pfingstsonntag laut Manuskript. Es gebe einen Bedeutungsverlust bis hin zu einer weitgehenden Ignoranz gegenüber christlichen Wurzeln.
Zu wenig Brauchtum
Am ehesten werde man sich in der Bevölkerung darauf verständigen können, "ein Frühlingsfest zu feiern". Der Bedeutungsverlust habe auch damit zu tun, dass sich um Pfingsten herum wenig eigenes Brauchtum entwickelt habe, sagte Bätzing.
Für Christen ist Pfingsten das Fest des Heiligen Geistes und gilt als Geburtsfest der Kirche. Pfingsten sei "heute wie damals die Initialzündung einer Kirche der Vielfalt, der vielen Sprachen, Kulturen, unterschiedlichen Biografien und Herkünfte", so Bätzing.
Für ihn sei es "keineswegs eine Art Naturgesetz, dass es in Zeiten wachsender Pluralisierung und Säkularisierung immer weniger Menschen sind, die um die eigentliche Bedeutung wissen", so Bätzing weiter. "Warum sollte es denn nicht wieder eine wachsende Zahl interessierter und informierter – ja schließlich auch gläubiger Zeitgenossinnen und Zeitgenossen geben können?"
Nicht alle leben im selben Jetzt
Mit der "Zeitgenossenschaft" sei das jedoch kompliziert, denn tatsächlich lebe man längst nicht mit allen anderen Menschen in einer "gemeinsam geteilten Wirklichkeit". Dafür ließen sich genügend Beispiele nennen: Neueste Technologie gehe Hand in Hand mit ältesten Vorurteilen, so Bätzing. Es gebe einerseits Satelliten im All, Smartphones und die KI-Software ChatGPT – und andererseits Messerstechereien in der Fußgängerzone.
"Impfstoffe neuester Machart, Hirnimplantate und Durchbrüche in der Krebsforschung und gleichzeitig uralte Verschwörungsmythen und Hassbotschaften", so Bätzing. "Wachsendes Bewusstsein für Schöpfungsverantwortung, während gleichzeitig mitten in Europa Städte bombardiert und andernorts demokratische Rechtsprinzipien ausgehöhlt und offen angegriffen werden", kritisierte Bätzing. Das Beispiel Pfingsten mache deutlich, "dass wir nicht alle im selben Jetzt leben" – auch wenn dies äußerlich so scheinen möge.