Warum spucken radikale Juden buchstäblich auf Nichtjuden? Das fragen sich betroffene Christen in Jerusalem öfter. Die Frage steckt auch im Titel einer für Freitag geplanten Konferenz verschiedener israelischer Bildungseinrichtungen im Jerusalemer Davids-Turm-Museum.
Konferenz muss an anderem Ort stattfinden
Titel und Thematik sorgten im Vorfeld für derartige Kritik, dass das Museum kurzfristig als Veranstaltungsort zurücktrat. Damit gab das Haus dem Druck der Stadtverwaltung nach, die Berichten der Zeitung "Haaretz" (Donnerstag) zufolge mit der Entlassung der Museumsdirektorin drohte, sollte die Veranstaltung wie geplant stattfinden.
Die Stadt dementierte laut Bericht die Vorwürfe. Die Konferenz wird nach Angaben der Veranstalter jedoch an einem anderen Ort tagen. Man bedauere, "dass sich jemand durch die Sprache beleidigt gefühlt hat", und werde künftig versuchen, Missverständnisse zu vermeiden, erklärte das Museum am Donnerstag.
Man wolle eine Plattform des Verständnisses bieten und die Zusammenarbeit zwischen allen Gemeinschaften Jerusalems fördern, so das Haus weiter.
Übergriffe gibt es seit Jahren
Das Phänomen der Spuckangriffe auf Christen in Jerusalem ist nicht neu. Seit Jahren beklagen Christenvertreter die beinahe täglichen Übergriffe radikaler Juden, ohne dass die Politik bislang ernsthaft eingegriffen hätte.
Seit Amtsantritt der bisher rechtesten Regierung des Landes im vergangenen Dezember jedoch hat die Zahl der Übergriffe zugenommen. Zu Spuckattacken kamen seit Jahresbeginn Hassparolen an Klostermauern, Friedhofs- und Kirchschändungen sowie physische Gewalt gegen Christen.
Laut Zeitung wurden seit letztem November 19 Zwischenfälle dokumentiert, die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen.
Kehrtwende des Oberrabbiners?
Rechtliche, religionsrechtliche und geschichtliche Aspekte des Phänomens soll die vom Zentrum für das Studium der Beziehungen zwischen Juden, Christen und Muslimen an der "Open University of Israel" organisierte Konferenz beleuchten.
Dazu waren neben den Kirchen auch Vertreter der Stadt, des israelischen Außenministeriums und des Oberrabbinats eingeladen. Stattdessen bezeichnete der stellvertretende Jerusalemer Bürgermeister Arieh King die Veranstaltung jedoch als antisemitisch, ihr sephardischer Oberrabbiner Schlomo Amar warf den Veranstaltern Judenmission und Ausrottung der Religion vor.
Noch wenige Wochen zuvor hatte er sich als ranghöchste öffentliche Person in einem Brief gegen die Spuckattacken ausgesprochen und diese als Blasphemie verurteilt.
Keine Verurteilungen durch Regierung
Auch das Außenministerium erklärte laut Berichten, es werde niemanden zu der Veranstaltung entsenden, und führte den einseitigen Charakter der Konferenz sowie seinen Titel ins Feld. Noch 2013 tagten Israels Religionsführer in den Räumen des Außenministeriums in Jerusalem zum Thema religiöser Vandalismus und Schutz heiliger Stätten.
Nicht zuletzt die hochrangige Teilnehmerliste zeigte die Bedeutung, die alle Seiten der Problematik beimaßen. Die gegenwärtige Regierung, in der auch Parteien sitzen, aus deren Reihen Teile der Täterschaft kommen, hält sich unterdessen mit Verurteilungen der antichristlichen Gewalt zurück.
Jüdische Israelin hat Datenzentrum mit ermöglicht
Offiziellen Stellen werde Ignoranz und Verharmlosung von Gewalttaten gegen Christen und christliche Einrichtungen in Jerusalem und im Heiligen Land auch dadurch erleichtert, dass es keine systematische Erfassung der Vorfälle gebe, glaubt Yisca Harani.
Dies will die jüdische Israelin ändern. Sie ist Trägerin des von der deutschsprachigen Benediktinerabtei Dormitio in Jerusalem mitverliehenen Dialogpreises "Mount Zion Award" (2013) und langjährige Beraterin mehrerer israelischer Ministerien in Fragen des Christentums.
Zusammen mit rund 70 Freiwilligen und mit dem Segen der Kirchenführer startete sie kürzlich "report-hotline.com", ein Online-Datenzentrum. Betroffene und Zeugen können dort anonym Vorfälle melden und dem Phänomen die nötige Aufmerksamkeit bescheren.